Ein Ort, an dem man die Zeitung noch rascheln hörte, an dem die Kellner grantelten wie aus dem Lehrbuch – und an dem Literat Thomas Bernhard seine Kreise zog: Der Bräunerhof war für viele das letzte echte Kaffeehaus Wiens. Doch jetzt ist das Traditionslokal insolvent – der Verkauf läuft, das Ende einer Ära scheint nahe.

Schulden, Chaos, verschwundene Chefin

Mitte Juli wurde ein Insolvenzverfahren über die bisherige Betreiberin eröffnet. Drei Monate Mietrückstand, keine geordnete Buchhaltung, keine liquide Mittel – das Chaos ist perfekt. Laut Insolvenzverwalterin Ulrike Bauer ist der Betrieb nicht mehr fortführbar. Die Eigentümerin? Unauffindbar.

Jetzt läuft ein Wettlauf gegen die Zeit: Bis Ende August soll ein neuer Käufer gefunden werden. Immerhin: Das Lokal darf laut Mietvertrag nur als Kaffeerestaurant weitergeführt werden – ein Glück für alle, die sich keinen Barber-Shop in der Stallburggasse wünschen.

Seit über 100 Jahren war der Bräunerhof ein Fixpunkt der Wiener Kaffeehauskultur – ein Ort, an dem die Zeit stillzustehen schien und Literat Thomas Bernhard fast täglich seinen Stammplatz hatte.IMAGO/viennaslide

Wer rettet den Bräunerhof?

Und tatsächlich: Die Liste der Interessenten ist lang. Neben den Gastronomiefamilien Querfeld und Diglas war auch Wolfgang Binder, Obmann der Wiener Kaffeehäuser und Chef des Café Frauenhuber, kurz im Rennen – sprang aber wegen des Preises wieder ab. Auch Immobilienentwickler Daniel Jelitzka, der bereits das Café Prückel übernahm, soll ein Auge auf das Lokal geworfen haben.

"Unhöflichster Kellner Wiens" – und deshalb Kult

Was bleibt, ist ein Ruf wie Donnerhall: Der Bräunerhof war nicht für Freundlichkeit bekannt, sondern für Charakter. Geschichten über rüde Ober, ignorierte Chöre und verbannte Thermobecher füllen Bewertungsportale. Und doch sagen viele: Genau das war das Erlebnis. Kein WLAN, keine Kartenzahlung – dafür Grant mit Haltung.