Die Staatsanwaltschaft zeigt sich kulant – von friedlichem Protest kann jedoch keine Rede sein. Ein Aktivist muss sich wegen schwerer Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht verantworten, 41 weitere wegen massiver Sachbeschädigungen. Die Liste der Taten reicht von Farbattacken bis zu einer skurrilen Hundekot-Aktion in Wien.

„Farce“ oder fairer Prozess? Ex-Sprecherin der „Letzten Generation“ wehrt sich

Mit 42 Angeklagten, mehr als 20 geladenen Zeugen, Strafverteidigern und Vertretern der Justiz steht ein Megaprozess bevor. Die ehemalige Sprecherin der „Letzten Generation“, Marina Hagen-Canaval, sprach in diesem Zusammenhang von „einer Farce“. Die Anklagen dienten „nur zur Abschreckung von zivilgesellschaftlichem Engagement”, sagte sie. Man sei bereit, für die Proteste Konsequenzen zu tragen. Dies gelte jedoch auch für „eine untätige Regierung”, hieß es vonseiten der früheren Bewegung.

„Die Staatsanwaltschaft hat nun selbst eingesehen, dass es sich bei den Klimaprotesten um Sachbeschädigungen handelt – nicht um die Aktivitäten einer kriminellen Vereinigung”, sagte Paul Kessler, Rechtsanwalt aus dem Verteidigerteam der Angeklagten. Er sprach von „maßlos überzogenen Vorwürfen“. Man werde sich nun „auch anschauen, wie viel von den Sachbeschädigungen am Ende übrig bleibt”, ergänzte Rechtsanwalt Clemens Lahner, der ebenfalls einige der damaligen Protestierenden vertritt. Anwalt Ralf Niederhammer forderte „nach der politischen Aufgeregtheit der letzten Jahre und den überzogenen Anschuldigungen einen nüchternen und sachlichen Prozess” ein.

Ermittlungen laufen seit 2023

Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie schwerer Sachbeschädigung waren 2023 nach einer Protestwelle im November bekannt geworden.

Dabei hatten sich die Aktivisten unter anderem am Wiener Ring und auf der Südautobahn (A2) mit einer Sand-Superkleber-Mischung – sogenannten „Mumienhänden” – festbetoniert. Die Feuerwehr musste daraufhin mehrere Protestierende von der Fahrbahn entfernen. „Die Proteste haben damit ein neues Level erreicht”, hatte Judith Ziska von der Staatsanwaltschaft Wien damals erklärt.

Die verschärfte Gangart der Justiz sorgte in der Folge für breite öffentliche Diskussionen und mehrere parlamentarische Anfragen. Zahlreiche NGOs übten Kritik an dem Verfahren.