Thomas Preis, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, schlug gegenüber der Bild am Sonntag Alarm: „Auch in diesen Winter gehen wir sehr schlecht vorbereitet. Das Thema Lieferengpässe bei Arzneimitteln ist ein Dauerthema geworden in den Apotheken.“

Nach seinen Angaben gelten derzeit „mehr als 500 Medikamente offiziell als schwer verfügbar“ – bei manchen sei sogar von einem „Versorgungsmangel“ die Rede. Besonders betroffen seien Antibiotika-Säfte für Kinder, bestimmte Asthmamedikamente, aber auch Präparate zur Behandlung von ADHS. Für gängige Erkältungsmittel wie Hustensäfte oder Fiebersenker sei die Versorgung dagegen „sichergestellt“, so Preis.

Abhängigkeit von Indien und China

Ein zentrales Problem ist die Produktion. „Deutschland war früher die Apotheke der Welt, jetzt steht die Apotheke der Welt in China oder Indien. Und wenn dort Werke Produktionsprobleme haben, dann schlägt sich das sofort in der Versorgung in Europa und in Deutschland nieder“, warnte Preis.

Die Konzentration auf wenige Fertigungsstätten in Asien führt dazu, dass selbst kleine Störungen gravierende Auswirkungen auf die Versorgung in Deutschland haben

Sozialverband fordert europäische Lösungen

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert ein Umdenken.„Medikamentenengpässe seien für viele Menschen eine enorme Belastung, insbesondere für Ältere, chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen“, erklärte Vorstandsvorsitzender Michael Engelmeier. Der Vorstoß der EU-Kommission vom März, die Medikamentenproduktion in Europa auszubauen, müsse deshalb „dringend weiterverfolgt“ werden. Nur so könne die Versorgungssicherheit verbessert und „die Patientensicherheit gewährleistet“ werden.

Darüber hinaus fordert der SoVD, Apotheken stärker zu entlasten. Weniger Bürokratie und mehr Flexibilität seien nötig, um Patienten auch in Notlagen zügig versorgen zu können.

Dauerproblem mit Folgen

Die Engpässe sind kein neues Phänomen: Schon im vergangenen Winter berichteten Apotheker und Ärzte von Versorgungsproblemen bei mehreren Hundert Präparaten. Doch die Situation hat sich laut Experten weiter zugespitzt.