Wenn die Pariser Kathedrale Notre Dame heute feierlich wiedereröffnet wird, sind rund fünfzig Staats- und Regierungschefs vor Ort dabei. Donald Trump und Englands Kronprinz William werden ebenso erwartet wie der ukrainische Staatschef Wolodimir Selenski und Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer. Doch eine wichtige Person fehlt: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Offiziell kann Von der Leyen „aus terminlichen Gründen” doch keinen Zwischenstopp in Paris auf dem Heimflug von Uruguay einlegen, doch die deutsche ‚Bild’-Zeitung mutmaßt über den angeblich wahren Grund: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron soll die EU-Kommissionspräsidentin beinhart ausgeladen haben.

Macron wegen Mercosur-Abkommen schwer verärgert

Was für diese Theorie spricht: Macron hat sich entschieden gegen das gestern von Von der Leyen unterzeichnete Mercosur-Abkommen ausgesprochen. Mit dem Abkommen wird eine riesige Freihandelszone mit lateinamerikanischen Ländern wie Brasilien und Argentinien geschaffen. Etliche EU-Länder, darunter Frankreich, Italien, Polen und Österreich, lehnen das Abkommen ab mit der Begründung, der EU-Markt würde mit Billigfleisch und Agrarprodukten aus Südamerika überschwemmt werden, was in weiterer Folge ein europäisches Bauernsterben nach sich zöge. In Frankreich demonstrierten die Bauern vehement gegen das Abkommen, das gestern trotz Veto einiger wichtiger EU-Länder durchgepeitscht wurde.

Dass Macron nun tobt, ist Fakt. Laut ‚Bild’ wird in Brüssel vermutet, dass Von der Leyen Macrons Schwäche nach dem Sturz der französischen Regierung nutzte, um das seit 25 Jahren geplante Mercosur-Abkommen durchzusetzen. Durchaus möglich, allerdings stand der Termin für das Gipfeltreffen in Montevideo schon vor dem Sturz der französischen Regierung fest.

Die Kathedrale Notre Dame wird am Samstag feierlich wiedereröffnet.APA/APA/DANIEL HÖGERL

Tatsächlich hat sich Von der Leyens Name niemals auf der Gästeliste der Eröffnungszeremonie von Notre Dame befunden. Ein ‚Missverständnis’, wie kommuniziert wurde. Ob Macron von Anfang an Von der Leyen bei der Zeremonie nicht empfangen wollte, wird wohl nicht mehr zu eruieren sein. Dass er das Mercosur-Abkommen, dem vor dem Inkrafttreten alle EU-Mitgliedsstaaten im Rat der Europäischen Union erst noch ihre Zustimmung geben müssen, weiterhin ablehnen wird, steht fest. Damit sind auch die diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und einem ihrer wichtigsten Länder schwer belastet.