Die „Österreichische Hochschüler_innenschaft“ (ÖH) macht mit einem neuen Projekt auf sich aufmerksam: dem sogenannten „Fördertopf für Reproduktive Gesundheit“ (kurz: Repro Fördertopf). Konkret geht es darum, Studenten Abtreibungen zu finanzieren – und das mithilfe der ÖH-Zwangsbeiträge. In den Fördertopf sollen jährlich 25.000 Euro ÖH-Geld fließen, wie es in einer Aussendung heißt.

Kosten für Abtreibung und Fahrtgeld werden übernommen

Die ÖH ist die gesetzliche Vertretung aller Studenten, die in Österreich studieren. Eine Mitgliedschaft ist allerdings nicht freiwillig, sondern verpflichtend. Das bedeutet, dass jeder Student pro Semester einen Beitrag von 24,70 Euro zahlen muss. Bei Nichteinzahlung droht die Exmatrikulation, also die Schließung des Studiums.

Ein Teil dieser Pflichtbeiträge landen nun im „Repo Fördertopf“. Studentinnen, die eine Abtreibung durchführen wollen, können über den gemeinnützigen Verein „CHANGES for women“, mit dem die ÖH bei diesem Projekt zusammenarbeitet, einen Antrag stellen. Wird dieser genehmigt, werden die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch aus dem „Repo Fördertopf“ direkt an die Abtreibungsklinik überwiesen. Auch etwaige Fahrtkosten innerhalb der Bundesrepublik werden übernommen.

Forderung: Abtreibung raus aus dem Strafgesetz

„CHANGES for women“ bezeichnet sich als „Netzwerk und Unterstützung für ungewollt Schwangere“. Laut Website finanziert sich der Verein zu 100 Prozent von Spenden. Politisch fordern sie die Streichung der Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz, die Finanzierung von Abtreibung durch die Krankenkassen, flächendeckende Abtreibungsmöglichkeiten in gynäkologischen Ambulanzen und gratis Verhütungsmittel.

„Der Fördertopf für reproduktive Gesundheit wird aus dem Budget der Bundes-ÖH finanziert, das ergeht aus einem Beschluss der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft“, bestätigt eine Sprecherin der ÖH gegenüber exxpress. Sie erklärt, wie der verpflichtende ÖH-Beitrag verwendet wird: Von den 24,70 Euro gingen 70 Cent an die ÖH-Unfall- und Haftpflichtversicherung, mit der Studierende im Studium versichert sind. Vom restlichen Betrag gingen über 85 Prozent an die einzelnen Hochschulvertretungen. Mit dem übrigen Anteil des Beitrages finanziere die Bundesvertretung diverse Projekte, Serviceangebot und Förderungen für Studierende.

Auch ÖVP-nahe AG-Mandatare stimmten für den Beschluss

Der Antrag mit dem Namen „Kooperationsvertrag Changes for Women“ wurde am 21. Juni bei einer Bundesvorstandssitzung der ÖH beschlossen. Der Antrag wurde einstimmig, also ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen, angenommen, wie exxpress dem Beschlussprotokoll vernimmt. Das bedeutet, dass alle zwölf Mandatare der ÖVP nahestehenden „AktionsGemeinschaft“ (AG) für den Antrag gestimmt hatten.

Die AG ist die auf Bundesebene zweitstärkste Fraktion innerhalb der ÖH. Sie bezeichnet sich als parteiunabhängig, steht aber weltanschaulich der ÖVP nahe. Warum die AG-Mandatare für die Finanzierung von Abtreibungen mithilfe des ÖH-Beitrags stimmten, will eine Sprecherin der AG exxpress gegenüber nicht beantworten. Ansonsten ist die Bundes-ÖH dominiert von linken, grünen, sozialistischen und kommunistischen Fraktionen. Die stimmenstärkste ist der “Verband sozialistischer Student _ innen in Österreich” (VSStÖ).

ÖH unterstützt „Marsch fürn Arsch“

Die ÖH geizt nicht mit der Unterstützung linksradikaler Projekte. Sie ruft Studenten auf ihrer Instagramseite beispielsweise aktiv dazu auf, den „Marsch fürn Arsch“ zu besuchen. Dieser ist eine abtreibungsbefürwortende Gegendemonstration zum „Marsch fürs Leben“, der zuletzt am fünften Oktober in Wien stattfand und sich dafür einsetzt, „Abtreibungen undenkbar“ zu machen und „Ungeborenen eine Stimme“ zu geben.

Ein Post von „Marsch fürn Arsch“ sorgte im Oktober für Empörung: Darauf ist ein Aktivist abgebildet, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „pro choice“ trägt und in der Hand einen Eispickel oder ähnliches hält. Damit bedroht er einen kleinen Mann, der ein Kreuz auf der Brust und eine Österreich-Flagge in der Hand trägt.

Bundes-ÖH bezeichnet Abtreibungsgegner als „rechtsextrem“

Wer hinter „Marsch fürn Arsch“ steht, geht aus ihrer Homepage nicht hervor. Die letzten Einträge der selbsternannten Queerfeministen, die laut Website das Patriarchat zerstören und Heteronormativität bekämpfen wollen, stammen vom Mai 2023. In ihrem Instagram-Post aus Oktober bezeichnen sie die Teilnehmer des „Marsch fürs Leben“ als „Fundamentalist­­_innen“ und „Rechtsextreme“.

Die Bundes-ÖH übernahm dieses Vokabular eins zu eins in ihrem Aufruf, sich am „Marsch fürn Arsch“ zu beteiligen. Aus dem Post geht auch hervor, dass die „Österreichische Hochschüler_innenschaft“ die Legalisierung von Abtreibungen fordert. Das bedeutet, dass Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetz gestrichen werden würde.

ÖH verantwortlich für „allgemeine und studienbezogene Interessen ihrer Mitglieder“

Eine Frage, die viele Studenten beschäftigt, lautet, ob die ÖH überhaupt berechtigt ist, sich für weltanschauliche und (gesellschafts)politische Belangen einzusetzen. Sollte eine Studentenvertretung nicht viel mehr die Anliegen der Studenten im Blick haben, wie Bibliotheksöffnungszeiten, Bürokratieabbau oder Ausbau der Digitalisierung?

Im Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) steht, dass eine Aufgabe der Hochschulvertretung die „Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen“ sei. Auch sei sie verantwortlich für die „allgemeinen und studienbezogenen Interessen ihrer Mitglieder insbesondere gegenüber staatlichen Behörden und Einrichtungen“. Ob die Finanzierung von Abtreibungen der Studenten wirklich in den Aufgabenbereich der ÖH fällt, ist fraglich.