Die Grünen in Deutschland ziehen aus ihrer Reihe von Wahlniederlagen personelle Konsequenzen und bauen die Parteiführung um. Die beiden Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour gaben am Mittwoch ihren Rücktritt von der Parteispitze bekannt. “Wir sind zum Ergebnis gekommen: Es braucht einen Neustart”, sagte Nouripour am Mittwoch in Berlin. “Das Wahlergebnis am Sonntag in Brandenburg ist ein Zeugnis der tiefsten Krise unserer Partei seit einer Dekade”, betonte Nouripour.

Ricarda Lang ergänzte, dass es nun “neue Gesichter” brauche, um die Partei aus dieser Krise zu leiten. Die Wahl eines neuen Vorstands solle ein “Baustein für die strategische Neuaufstellung der Partei” sein. Lang betonte: “Jetzt ist nicht die Zeit, um am Stuhl zu kleben – jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen, und wir übernehmen diese Verantwortung, indem wir einen Neustart ermöglichen.”

Die Grünen-Spitze zieht nach den Misserfolgen der Partei bei mehreren Wahlen personelle Konsequenzen.APA/dpa/Fabian Sommer

Parteitag im November soll neuen Bundesvorstand wählen

Zum bisherigen Vorstand der Grünen gehören neben Lang und Nouripour auch die stellvertretenden Parteivorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf, die Geschäftsführerin Emily Büning sowie der Bundesschatzmeister Frederic Carpenter. Laut Lang wird der Vorstand bis zur Neuwahl auf dem Parteitag im November im Amt bleiben.

Die Grünen haben bei der Europawahl im Juni sowie bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September erhebliche Verluste hinnehmen müssen.

Fraktionsvorsitzende Dröge kommentiert Rücktritt

Auf dem Kurznachrichtendienst X äußerte sich Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag: “Danke für alles. Für Vertrauen & Teamwork & Eure Arbeit in den letzten Jahren. Wir haben großen Respekt vor Eurer Entscheidung und der des Bundesvorstands, die Partei für kommende Wahlkämpfe neu aufzustellen.” Ein wortgleiches Statement hat auch Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann veröffentlicht.

Auch Katharina Schulze, Parteigarantin aus Bayern, drückte ihren “Respekt” aus. Die ähnlichen Formulierungen deuten auf eine zentral organisierte Social-Media-Aktion der Parteigenossen hin.

Nouripour veröffentlicht schriftliches Statement

Seinem Statement setzt er die Aussage “Aus Verpflichtung zur Verantwortung” voraus.

Lang und Nouripour waren seit 2022 im Amt

Lang und Nouripour waren Ende Januar 2022 zu Co-Vorsitzenden gewählt worden. In der Partei sind sie relativ beliebt. Dass zwischen ihnen – anders als bei manchen Vorgängern – keine Rivalitäten und Meinungsverschiedenheiten zu spüren waren, rechnen ihnen viele Grünen-Mitglieder hoch an. Der aktuelle Bundesvorstand war im November 2023 eigentlich für zwei Jahre gewählt worden.

Schon am Montag hatte Nouripour relativ resigniert geklungen. Er sprach von einer bitteren Niederlage in Brandenburg und zeigte sich zugleich konsterniert über den Zustand der Ampel-Koalition. “Der große Feng-Shui-Moment wird wohl nicht mehr kommen, und das glaubt mir auch niemand mehr, wenn ich das sage”, sagte er nach Beratungen des Parteivorstandes. “Wir machen unsere Arbeit, wir versuchen, das Land nach vorne zu bringen und fühlen uns auch an den Koalitionsvertrag, an das, was miteinander vereinbart worden ist, gebunden”, sagte der Grünen-Chef. “Aber das ist es auch dann.”