Ein Regenbogen, vier Ringe und ein Satz, der derzeit die Kirchenwelt spaltet: „Was sollte Gott dagegen haben?“ Mit dieser Begründung segnete die Berliner Pfarrerin Lena Müller (33) im Sommer vier Männer in einer gemeinsamen Zeremonie vor der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Kreuzberg.

Müller, die sich auf Instagram als „Feministin & Pfarrerin“ beschreibt und für Inklusion, Queerfreundlichkeit und Antirassismus steht, organisierte das ungewöhnliche „Pop-up-Hochzeitsfestival“. Menschen konnten dort ohne Voranmeldung heiraten – darunter auch das Männerquartett.

„Man konnte sofort sehen, dass da ganz viel Liebe zwischen ihnen war“, sagte Müller der Neuen Osnabrücker Zeitung. Deshalb waren sie sich im Team schnell einig: „Was sollte Gott dagegen haben, dass es nun eben vier sind und nicht zwei?“

„Vor Gott wirklich geheiratet“

Zwar habe man die Trauung nicht ins Kirchenbuch eintragen können – eine rechtlich notwendige standesamtliche Eheschließung sei in dieser Konstellation unmöglich. Dennoch ist Müller überzeugt: „Ich bin auf jeden Fall davon überzeugt, dass sie vor Gott wirklich geheiratet haben.“

Zwei der vier Männer hätten sich im Urlaub kennengelernt, später seien sie in Berlin zu viert zusammengekommen. „Zwei kamen aus Lettland, einer aus Thailand – beim vierten glaube ich, dass er Spanier war“, so Müller weiter. Die Kommunikation während des Traugesprächs lief auf Englisch.

Auf Instagram teilte die Pfarrerin Fotos und schrieb von der „Ehre, dass diese vier so vertrauensvoll um Segen baten“.

Kirchenintern umstritten, juristisch verboten

Was für Müller ein Zeichen von Offenheit ist, hat rechtlich keine Gültigkeit. Polygame Ehen sind in Deutschland nicht erlaubt – weder zivilrechtlich noch kirchlich. Nach § 1306 BGB dürfen Ehen nur zwischen zwei Personen geschlossen werden, § 172 StGB stellt Vielehen sogar unter Strafe.

Eine kirchliche Segnung ersetzt daher keine Eheschließung. Auch eine Einbürgerung ist gesetzlich ausgeschlossen, wenn jemand in einer Vielehe lebt.

Müller: „Liebe kennt keine Zahl“

Für die 33-jährige Theologin gilt ein anderer Maßstab. „Wenn Menschen auf Augenhöhe ihre Entscheidungen treffen, selbstbestimmt und einvernehmlich, dann betrachte ich es nicht als meine Aufgabe als Pfarrerin, Menschen zu sagen, was sie in ihrem Schlafzimmer zu treiben haben.“

Ob die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) Konsequenzen zieht, ist derzeit offen.