SPÖ-Chef Andreas Babler will das Leben für die Österreicher billiger machen und hält dabei auch Markt-Eingriffe für denkbar. Er habe Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) beauftragt, entsprechende Modelle zu erstellen. Was die Ergebnisse angehe, sei er “undogmatisch”, meinte der Vizekanzler im APA-Interview. Wichtig sei, dass die Eingriffe wirken: “Ob es ein freiwilliges Commitment gibt oder gesetzliche Maßnahmen braucht, ist mir relativ egal.”

Besonders fokussiert der SPÖ-Vorsitzende auf den Energie-Bereich, der ja nebenbei auch ein Faktor für den Standort sei, sowie auf die Lebensmittel-Preise: “Für viele Menschen ist das existenzbedrohend.” Nicht nachvollziehbar sei, dass viele Produkte großer Konzerne in Deutschland deutlich billiger seien, weil es hierzulande einen “Österreich”-Zuschlag gebe. Diesbezüglich sieht er die EU gefordert. Würden dort keine entsprechenden Schritte eingeleitet, werde er sich mit einem Schreiben an Kommissionschefin Ursula von der Leyen wenden.

Mietpreisbremse auch im unreglementierten Bereich

Was den dritten wesentlichen Bereich – das Wohnen – angeht, ist Babler stolz auf die von ihm verantwortete Mietpreis-Bremse: “Das war ein Meilenstein, dass man gesetzlich in die Miete eingreift.” Der Vizekanzler garantiert auch, dass man im Herbst nun auch bei den unreglementierten Wohnungen nachziehen wird. Ein fertiges Modell dafür gibt es noch nicht, sei die Sache rechtlich doch sehr komplex. Zielwert ist die Hälfte des Inflationszuwachses.

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) will Preise "undogmatisch" drücken.APA/HANS KLAUS TECHT

Zuletzt waren Klagen der Bau-Branche laut geworden, dass im Neubau zu wenig weiter gehe. Babler versteht diese Sorgen und setzt im Wesentlichen auf zwei im Regierungsprogramm vereinbarte Punkte. Dabei geht es einerseits um die Umsetzung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, die für ihn ein wesentliches Finanzierungsinstrument darstellt, andererseits um das Revival einer Wohnbauinvestitionsbank. Beide Vorhaben sollen “so schnell wie möglich” umgesetzt werden. Dazu könnte noch das Vorziehen von Flächenwidmungen für den sozialen Wohnbau helfen.

Zufriedenheit mit Zustand der SPÖ

Zufrieden ist der SPÖ-Chef mit dem Zustand der eigenen Partei: “Ich glaube, wir haben, wenn ich die letzten Jahre passieren lasse, eine sehr stabile, sehr einigende Phase in der SPÖ erreicht.” Dass die wichtigen Landesorganisationen von Wien und dem Burgenland, aber auch die steirische Landespartei ihre Chefs nicht ins Partei-Präsidium entsenden und in Salzburg sich auch viele Monate nach dem Abtritt von David Egger kein neuer Landesvorsitzender abzeichnet, bekümmert Babler nicht: “Das ist die Entscheidung der Länder, wen sie schicken.” Immerhin seien ja alle Länder in den Bundesgremien vertreten.

Dass der wahrscheinliche neue Vorsitzende der Kärntner SPÖ Daniel Fellner jüngst eine Zusammenarbeit mit der FPÖ just an jenem Tag befürwortet hatte, an dem die Bundespartei eine Kampagne gegen die Freiheitlichen gestartet hatte, kommentiert Babler nur knapp. Man solle in taktischen Aussagen nicht alles überbewerten. Die FPÖ habe Kärnten bankrott gemacht, schon daher habe es bisher auch keine Zusammenarbeit der Kärntner SPÖ mit den Freiheitlichen gegeben. Auf Bundesebene schloss Babler diese einmal mehr kategorisch aus.

Andreas Babler sieht eine "sehr einigende Phase" in der SPÖ.APA/HANS KLAUS TECHT

Wiewohl das SPÖ-Regierungsteam bisher nicht unangenehm aufgefallen ist und auch einige Prestigeprojekte umgesetzt werden konnten, kommen die Sozialdemokraten in Umfragen nicht vom Fleck. Der Parteivorsitzende sieht dies im Zusammenhang mit einer Vertrauenskrise der Politik gegenüber, hätten die jüngsten Regierungskonstellationen (ohne die SPÖ) doch “berechtigte Frustration” ausgelöst. Um hier eine Änderung zu bewirken, werde es schon “eine Zeit” dauern. Er sei aber der Überzeugung, dass die SPÖ auch gut benotet werde, wenn man es schaffe, große Aufgaben in eine gute Richtung zu bringen: “Ich bin felsenfest überzeugt, dass wir mit einer guten Bilanz auch ein gutes Ergebnis erzielen werden.”

Ukraine: Europa als "Passagier"

Der Vizekanzler beharrt darauf, dass wirkliche Verhandlungen über einen Waffenstillstand und Frieden im Ukraine-Krieg nur mit der Ukraine am Tisch stattfinden können. Die Rolle Europas im Friedensprozess sieht er im APA-Interview aktuell eher kritisch: “Natürlich ist es kein starkes Zeichen, wenn Europa in dieser Phase als Passagier wahrgenommen wird und das wahrscheinlich berechtigt.” Skeptisch ist Babler, was künftige Gaslieferungen aus Russland angeht.

Bei den aktuellen Friedensbemühungen konstatierte Babler, dass diese das Projekt von US-Präsident Donald Trump seien: “Die Europäer haben sich reinreklamiert, wenn man es oberflächlich betrachtet.” Nun müsse man schauen, wie nachhaltig und konstant die Initiativen des Präsidenten seien. Es habe ja früher schon “irritierende” Aussagen Trumps zu dem Konflikt gegeben.

Dass ein Frieden wohl mit Gebietsverlusten der Ukraine einherginge, wollte Babler nicht beurteilen, solange es keinen konkreten Vorschlag gebe: “Jetzt müssen einmal die Waffen schweigen.” Dass hier aber von Gebietsabtretungen und Sicherheitsgarantien gesprochen werde, erfülle ihn mit Sorge.

Skepsis zu künftigen Gaslieferungen aus Moskau

Nicht ausgeschlossen hat Österreichs Regierung, dass nach einem Kriegsende wieder Gaslieferungen mit Moskau vereinbart werden könnten. Babler selbst scheint davon kein großer Freund zu sein. Der SPÖ-Vorsitzende nannte Russland “keinen seriösen Handelspartner”, setze dieser die Lieferungen doch “als Waffe” ein. Er hielte es auch für die Wirtschaft für nicht nachhaltig, sich auf so einen Partner einzulassen.

Grundsätzlich betonte Babler, dass man von jeder Abhängigkeit wegkommen müsse. Österreich habe hier zu wenige Alternativen gehabt. Hier hätten vergangene Regierungen schneller reagieren können, etwa über Beteiligungen an LNG-Terminals, beispielsweise in Italien.

Differenzierter Blick auf Nahost-Konflikt

Sehr differenziert blickt der Vizekanzler auf den Gaza-Konflikt. Babler erinnerte daran, dass der Terroranschlag der Hamas gegen Israel “gewaltig” gewesen sei: “Der macht was mit dem Land – diese Brutalität, die aus dem Nichts kam.” Dazu habe seither auch das jüdische Leben außerhalb Israels Verschlechterungen erfahren, durch Beschädigungen und Bedrohungen. Daher brauche es politisches Verständnis und es sei auch “die Bekämpfung der Unmenschlichkeit und Brutalität der Hamas zu unterstützen.”

Babler fordert, den Kampf gegen die Hamas zu unterstützen, aber auch Druck auf Israel in Bezug auf Menschenrechte auszuüben.APA/HANS KLAUS TECHT

Andererseits sei es auch nicht hinnehmbar, wenn Menschen im Rahmen der israelischen Offensive in den Palästinensergebieten ums Leben kämen, die mit dem Anschlag nichts zu tun gehabt hätten und Lebensgrundlagen zerstört würden: “Es erfüllt mich mit großer Sorge, wenn ich sehe, was jetzt an Menschenrechtsverletzungen passiert.” Eine dauerhafte Annexion wäre eine neue Eskalationsstufe, die nicht hinnehmbar wäre. Daher brauche es einen Waffenstillstand und eine Einhaltung der Menschenrechte. In diesen Fragen sei auch Druck auf Israel auszuüben. Ziel bleibe eine Zwei-Staaten-Lösung, auch wenn der diplomatische Weg dazu in der “Hoch-Eskalation” extrem schwierig sei.