Rätsel um den Tod von Alexandru O. – Ermittlungen neu aufgerollt
Ein junger Mann verschwindet, seine Leiche wird unter rätselhaften Umständen gefunden – und eine Mutter kämpft um Wahrheit. Der Fall Alexandru O. ist längst mehr als ein Kriminalfall. Er ist ein Mahnmal dafür, wie viele Fragen offenbleiben, wenn Behörden zu früh abschließen.
Ein Spaziergang im Frühling 2024 endete mit einem grausigen Fund: Eine junge Frau entdeckte am Ufer des Mühlbachs in Sankt Pölten eine Leiche – aus einem Erdloch ragten Männerbeine heraus, daneben lagen Sneakers und Kopfhörer. Später stellte sich heraus: Es war der vermisste Alexandru O., 31 Jahre alt, Restaurantfachmann aus Niederösterreich.
Der Mann galt seit Wochen als verschwunden. Er war angeblich nur kurz Zigaretten holen gegangen – und kam nie zurück. Die Ermittler fanden ihn schließlich in einer nur 1,20 Meter tiefen Grube, bekleidet mit Shorts, Socken und einem zusammengezogenen T-Shirt.
Eine bizarre Fundstelle
Schon der Fundort machte die Beamten stutzig: Der Tote lag mit dem Gesicht zur Holzplanke, in einer winzigen Mulde, kaum breiter als ein halber Meter. Ein Unfall schien nahezu ausgeschlossen. Die Gerichtsmedizin fand in seinem Körper Spuren verbotener Substanzen – in einer Menge, die „lebensbedrohlich“ gewesen sein könnte. Trotzdem lautete die Todesursache: Ertrinken – im Bodenwasser der Grube.
Bis heute bleibt unklar, wann und unter welchen Umständen Alexandru O. starb. Rätselhaft ist auch eine große Einstichstelle am linken Handrücken – bei einem Linkshänder, wie die Ermittler festhielten.
Ermittlungen eingestellt – und nun neu gestartet
Zunächst sah die Staatsanwaltschaft keine Anzeichen für ein Verbrechen. Drei Bekannte des Opfers gerieten zwar in Verdacht, doch Beweise fehlten. Ende 2024 wurden die Mordermittlungen eingestellt.
Nun aber hat sich das Blatt gewendet. Der Wiener Anwalt Wolfgang Gappmayer, der die Familie vertritt, stellte einen Antrag auf Wiederaufnahme. Darin führt er zahlreiche Ungereimtheiten und neue Zeugenaussagen an.
Eine junge Frau aus dem Umfeld des Opfers will gehört haben, Alexandru sei auf dem Gelände einer Firma von mehreren Männern umgebracht und danach in dem Erdloch versteckt worden. Die Justiz reagierte – und beauftragte die Kriminalpolizei mit neuen Erhebungen.
Die Mutter kämpft um Aufklärung
In der Kanzlei ihres Anwalts erzählt Alexandrus Mutter Nikoleta O. gegenüber Krone ihre Geschichte. „Unser Bub wurde hier geboren“, sagt die 54-Jährige, die einst aus Rumänien nach Österreich auswanderte. Alexandru sei ein „unkompliziertes Kind“ gewesen, sportlich, lebensfroh.
Doch mit der Jugend kamen Drogen ins Spiel. „Eines Tages fand ich in seinem Rucksack Marihuana“, erinnert sie sich. Es folgten Jahre zwischen Abstinenz und Rückfällen, zwischen Therapien und Neubeginn. Kurz vor seinem Tod schien sich sein Leben zu stabilisieren – er hatte eine Ausbildung abgeschlossen und suchte Arbeit.
Dann kam der Schock. „Das war der Moment, in dem es mir den Boden unter den Füßen wegzog“, sagt die Mutter über den Tag, an dem die Polizei die Todesnachricht brachte.
Widersprüche und Spuren auf dem Handy
Mehrere Zeugen meldeten sich bei der Mutter mit Hinweisen, Alexandru sei ermordet worden. Bei der Auswertung seines beschädigten Handys stieß sie auf merkwürdige Aufnahmen: „undeutliche Männerstimmen“ und „Poltergeräusche“. Sie glaubt, dass diese entstanden sind, „als mein Sohn schon tot war und er zu dem Loch am Wasser getragen wurde“.
Auch digitale Spuren werfen Fragen auf: Das Bewegungsprofil seines Handys zeigt letzte Schritte Stunden vor dem angeblichen Trafikbesuch. Außerdem wurden über seine Online-Konten noch wochenlang kleine Beträge abgebucht – ein Detail, das die Behörden bislang nicht weiter verfolgten.
„Szenebedingte Erhebungsfehler“
Christian Mader, Leiter des Vereins Österreich findet euch, sieht Parallelen zu ähnlichen Fällen: „Es kommt leider immer wieder vor, dass Todesfälle von Menschen aus dem Drogenmilieu schnell als ,Unglücke‘ diagnostiziert werden.“
Der Anwalt und die Familie hoffen nun, dass die neuen Ermittlungen endlich Licht ins Dunkel bringen – und klären, ob Alexandru O. tatsächlich einem Verbrechen zum Opfer fiel.
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