Bowser sprach von einem gezielten Angriff. Details zum Motiv gab es zunächst nicht. US-Präsident Donald Trump sprach von einem Terrorakt.

Trump kündigte drastische politische Konsequenzen an. Da es sich bei dem mutmaßlichen Täter laut den Behörden um einen Afghanen handelt, kündigte Trump an, alle Ausländer aus Afghanistan, die unter seinem demokratischen Amtsvorgänger Joe Biden in die USA gekommen waren, zu überprüfen.

In einer Ansprache sagte der Republikaner zudem, er werde „alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass alle Ausländer aus allen Ländern abgeschoben werden, die nicht hierhergehören oder unserem Land keinen Nutzen bringen”. Er ordnete außerdem die Entsendung von rund 500 weiteren Soldatinnen und Soldaten der Nationalgarde in die Hauptstadt an.

Nur wenige Stunden zuvor hatte der Schütze am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in Washington in der Nähe des Weißen Hauses vor einer U-Bahnhaltestelle das Feuer auf zwei Nationalgardisten eröffnet und sie dabei nach Angaben der Behörden lebensgefährlich verletzt. Es gab zunächst keine genauen Angaben zur Identität der Opfer. Unbestätigten Medienberichten zufolge handelte es sich um eine Soldatin und einen Soldaten. Die demokratische Bürgermeisterin der Hauptstadt, Muriel Bowser, sprach von einem gezielten Angriff. Details zum Motiv gab es zunächst nicht.

Behörden: Schütze feuerte auf Nationalgardisten

Der Vorfall schockierte die USA am Vorabend von Thanksgiving, dem wichtigen Erntedankfest. Ein Vertreter der Polizei von Washington D.C. erläuterte, der Schütze sei in der Nähe der U-Bahnhaltestelle Farragut West um eine Ecke gekommen und habe sofort auf die beiden Nationalgardisten geschossen. Weitere Mitglieder der Nationalgarde hätten die Schüsse gehört, seien eingegriffen und hätten den Verdächtigen überwältigt, nachdem dieser zu Boden gegangen sei. Die Polizei traf wenige Augenblicke später ein.

Laut US-Medienberichten soll es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 29-jährigen Afghanen handeln, der 2021 in die USA einreiste, aber erst nach Trumps Amtsantritt im Jahr 2025 Asyl erhielt.

Trump über Afghanistan: "Höllenloch auf Erden"

Der US-Präsident bezeichnete den Schützen als „Tier” und erklärte, er müsse „den höchstmöglichen Preis bezahlen”. Er bezeichnete die Tat zudem als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. In seiner Ansprache bezeichnete Trump Afghanistan als „Höllenloch auf Erden” und behauptete, Millionen Menschen seien unter Präsident Joe Biden ohne die nötigen Überprüfungen aus aller Welt in die USA gekommen.

Doch selbst während der teils chaotischen Evakuierung von Afghanen aus Kabul durch das US-Militär im Jahr 2021 wurden Afghanen nicht direkt in die USA gebracht. Sie wurden unter anderem auf einen US-Stützpunkt in Katar gebracht, wo erste Sicherheitsprüfungen durchgeführt wurden.

Nach Trumps Ansprache erklärte die US-Einwanderungsbehörde USCIS auf der Plattform X, die Bearbeitung aller Einwanderungsanträge afghanischer Staatsangehöriger werde mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres ausgesetzt.

Schuldzuweisungen und politische Debatte

In dem hoch aufgeladenen politischen Klima der USA entbrannte sofort eine Debatte darüber, wer die politische Verantwortung für den Vorfall trägt. Auch Heimatschutzministerin Kristi Noem machte indirekt die Regierung unter Joe Biden verantwortlich. Der Afghane sei ohne die nötigen Überprüfungen ins Land gekommen, so ihre Behauptung. Erste republikanische Abgeordnete forderten drastische Maßnahmen gegen im Land lebende Ausländer. Führende Demokraten riefen hingegen zu einem friedlichen Miteinander auf. So erklärte etwa der demokratische Senator Jack Reed, es brauche nun „Ruhe, Mitgefühl und Einheit”.

Die US-Organisation AfghanEvac, die sich für Afghanen einsetzt, warnte davor, den Angriff politisch zu instrumentalisieren. In einer Mitteilung hieß es, die Tat eines Einzelnen dürfe nicht als Vorwand dienen, eine ganze Gemeinschaft zu diskreditieren. Dies trage nicht zur Sicherheit bei, sondern treibe die gesellschaftliche Spaltung weiter voran.

Zunächst hatte es Verwirrung um den Zustand der Opfer gegeben. Der Gouverneur von West Virginia, Patrick Morrisey, erklärte zunächst, die beiden seien gestorben. Wenig später schrieb er auf der Plattform X, es gebe widersprüchliche Berichte über ihren Zustand. In einer späteren Videobotschaft ging der Republikaner nicht auf seinen ursprünglichen Beitrag über den angeblichen Tod der Soldaten ein. Laut Morrisey stammen die beiden aus seinem Bundesstaat.

2.000 Soldaten patrouillieren in Washington

Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit der US-Streitkräfte. In der Regel untersteht sie der Kontrolle der Bundesstaaten und wird bei Naturkatastrophen, Unruhen oder anderen Notlagen eingesetzt. In bestimmten Situationen kann jedoch auch der US-Präsident das Kommando übernehmen. Für die Hauptstadt Washington, die rechtlich kein eigener Bundesstaat ist, gelten Sonderregeln.

Seit dem Sommer sind mehr als 2.000 Nationalgardisten in der Stadt präsent. Trump hatte sie im August dorthin beordert und den Einsatz mit angeblich ausufernder Kriminalität begründet. Diese Darstellung ist jedoch heftig umstritten, da sie sich nicht durch Statistiken stützen lässt.

Die Stadt ging juristisch gegen den Einsatz vor. Eine Bundesrichterin erklärte die Mobilisierung der Nationalgarde kürzlich für unzulässig und ordnete an, sie zu beenden. Sie setzte ihre Entscheidung jedoch für drei Wochen aus, um der Trump-Regierung die Möglichkeit zu geben, in Berufung zu gehen. Ebenfalls am Mittwoch stellte die Regierung einen Eilantrag, um die Entscheidung der Richterin auszusetzen.

Pentagon soll 500 weitere Nationalgardisten schicken

Der US-Verteidigungsminister Pete Hegseth, der von der Regierung als Kriegsminister bezeichnet wird, erklärte, er leite die nötigen Schritte für die Entsendung der zusätzlichen Nationalgardisten ein. Er bekräftigte, dass der im Sommer begonnene Einsatz die Stadt sicherer gemacht habe. Der Angriff werde die „Entschlossenheit” der Regierung „nur noch verstärken”, so Hegseth.

In den sozialen Netzwerken kam es unterdessen zu gegenseitigen Schuldzuweisungen. Einige argumentierten, die Nationalgarde hätte gar nicht in Washington stationiert werden dürfen und sei dadurch unnötig gefährdet worden. Andere machten die Rhetorik demokratischer Kongressmitglieder für den Angriff mitverantwortlich.

Angespannte Stimmung in Washington

Die Stimmung in der Hauptstadt ist seit dem Sommer angespannt. Neben der Nationalgarde wurden auch andere Bundesbehörden eingesetzt. So nahmen etwa teils vermummte Beamte der Migrationsbehörde ICE bei Razzien in Wohnvierteln Migranten fest. Im Internet verbreiteten sich Videos solcher Einsätze, die von vielen als willkürlich empfunden wurden. Es regte sich Protest.

Die Nationalgarde patrouillierte jedoch, anders als die ICE, vor allem an touristischen Orten und leistete Hilfsdienste wie die Beseitigung von Müll. Anfangs waren die Nationalgardisten unbewaffnet, später änderte sich das. Es gab Warnungen, dieser Schritt könne die ohnehin angespannte Lage weiter verschärfen.

Der Radiosender NPR berichtete erst vor wenigen Wochen über Gespräche mit Nationalgardisten, die anonym über ihre Zweifel an den Einsätzen in Washington und anderen Städten sprachen. „Ich habe mit der Nationalgarde an zwei humanitären Einsätzen teilgenommen, die großartig waren”, sagte einer von ihnen. „Und dann soll ich in Washington Müll aufsammeln und Obdachlose mit vorgehaltener Waffe konfrontieren? Nein, Mann.”