Die Weltwoche deckte einen Skandal an einer Schweizer Kita auf: Ein angeblich harmloses „Mitmachbuch“ für Kleinstkinder steht im Zentrum eines mutmaßlichen Missbrauchsfalls in einer Kita. Die Mutter des Opfers brachte eine Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft ein.

Explizite Bilder für die Kleinsten

Der Wiener Achse-Verlag bewirbt „Wuschelkopf und Pupspopo“ als modernes Mitmachbuch für Kinder ab 18 Monaten. Doch der Inhalt ist alles andere als harmlos: Es zeigt nackte Erwachsene und Kinder, Nahaufnahmen von Geschlechtsteilen und Szenen, die zum „Entdecken“ und Nachmachen auffordern.

Eine Mutter aus der Nordwestschweiz beobachtete ihren dreijährigen Sohn zu Hause bei sexuellen Handlungen mit einer Puppe. Auf Nachfrage erklärte der Bub, ein älteres Kind habe dies am Vortag in der Kita mit ihm gemacht. Der ältere Junge soll gemäss Strafanzeige “den Penis des Sohnes der Anzeigestellerin in den Mund genommen und daran gesaugt haben”. Anschliessend soll er gesagt haben, dass es ihm schmecken würde. In ihrer Anzeige stellte die Mutter einen direkten Zusammenhang zum Kinderbuch her. Laut der Strafanzeige besteht also ein Kausalzusammenhang zwischen der Präsentation des Mitmachbuchs und der anschliessenden, davon inspirierten sexuellen Misshandlung. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
So wirbt der Achse Verlag für das umstrittene Kinderbuch ‚Wuschelkopf und Pupspopo'.Achse Verlag/Screenshot

Gutachterin schlägt Alarm

Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Karla Etschenberg analysierte das Werk und warnt vor den Gefahren. Solche Darstellungen könnten Pädophile ansprechen und Grooming erleichtern – also das gezielte Heranführen von Kindern an übergriffiges Verhalten. Manche Szenen könnten sogar Merkmale des sogenannten „Posings“ erfüllen, das in bestimmten Fällen strafrechtlich als Kinderpornografie gilt.

Im Bezug auf das Buch stellt Etschenberg die Frage: “Zeigen die hier beispielhaft abgebildeten Darstellungen nicht eindeutig die Merkmale des Posings? Oder ist es eine natürliche Körperhaltung, wenn ein Kind mit gespreizten Beinen in die Luft springt, um seine Genitalien im Spiegel zu sehen, die dadurch auch die Leserschaft zu sehen bekommt?”