Statistiker in der "ZIB": "Vergessene" Corona-Tote als Zeugnis schweren Versagens
Am Mittwochabend war Statistiker Erich Neuwirth zum Fall der “vergessenen” 3400 Corona-Toten in Österreich zu Gast in der ORF-“ZIB 2”. Der Statistiker machte ein “schweres Versagen” des heimischen Pandemie-Managements für diesen Lapsus verantwortlich – die politischer Seite enthielt sich jeglichen Statements im TV.
Wie kann es sein, dass 3412 Corona-Todesopfer eines Landes einfach “vergessen” wurden und diese von einem Tag auf den anderen in einer Blitzmeldung “nachgereicht” werden? Diese Frage stellten sich am Dienstag sehr viele Österreicher. Eine Antwort zu finden fällt hierbei sogar Experten schwer – auch Statistiker Erich Neuwirth kann sich das nicht erklären, ohne hier ein “schweres Versagen” des Corona-Managements in Österreich zu attestieren.
Mit exakt diesen Worten begann das von Armin Wolf geführte Interview Neuwirths in der ORF-“ZIB 2” am Mittwochabend, das sich dem Rätsel um die “vergessenen Coronatoten” befasste. Mit der Nachmeldung dieser großen Zahl an Menschen, die nun ebenfalls offiziell als Opfer der Pandemie geführt werden, ist die Zahl der behördlich bestätigten Corona-Toten seit Ausbruch der Corona-Pandemie mit einem Schlag um mehr als ein Fünftel, nämlich um 21 Prozent, angestiegen.
ECDC gibt genaue Richtlinien für die Definition von Corona-Todesfällen vor
Wie Neuwirth in der “ZIB” erklärte, dürfte das einfach nicht passieren. Es gibt es sehr genaue Richtlinien, wann ein Todesfall als ein “Corona-Toter” geführt wird. Laut der engmaschigen Vorgabe des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) gilt eine Person nur dann als an oder mit Covid-19 verstorben, wenn ein positives Test-Ergebnis vorliegt und der oder die Erkrankte innerhalb von vier Wochen nach dieser Testung verstirbt ohne offiziell genesen zu sein.
Neuwirth mutmaßt, dass diese Richtlinie vor allem zu Beginn der Pandemie womöglich nicht so streng eingehalten worden sein könnte. Als weitere Fehlerquelle identifziert der Statistiker den Fall, in dem jemand zu Hause stirbt und keinen Test gemacht hat. So würde man 21 Tage nach einer vorhandenen Infektion automatisch als “gesund” eingestuft, auch sich später herausstellen könnte, dass der Betroffene am Virus verstorben sei, erläuterte Neuwirth in der “ZIB”.
Grauzone: An oder mit Corona verstorben?
Als auch im dritten Jahr der Pandemie als weiterhin heikle Frage identifiziert Neuwirth jene nach der Methodik, wie beurteilt wird, ob jemand “an” oder “mit” Corona verstorben ist. Genau darum gebe es die scharfe Definition der ECDC – doch auch diese unterscheide nicht ganz klar zwischen “an oder mit”, gibt der Statistiker zu bedenken.
Eine Frage der Definition scheint auch im rätselhaften Fall der “vergessenen Corona-Toten” in Österreich ausschlaggebend gewesen zu sein – denn hier dürften die einzelnen Bundesländer keine einheitliche Linie verfolgt haben, so Neuwirth. Demnach zeige die Aufschlüsselung der von der Regierung “nachgemeldete” Sterbefälle, dass die einzelnen Bundesländer die Corona-Todesfälle “deutlich unterschätzt” hätten. Auch hier gewinne man den Anschein, als wäre von Bundesland zu Bundesland “mit verschiedenen Definitionen gearbeitet worden”, so Erich Neuwirth.
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