Terror in Paris: 130 Tote, hunderte Verletzte – und ein Land im Schock
In einer koordinierten Angriffswelle griffen islamistische Extremisten Konzertbesucher im Bataclan, Gäste in Lokalen im Osten von Paris und das Umfeld des Stade de France an. Drei Selbstmordattentäter sprengten sich in die Luft, andere schossen wahllos auf Terrassen. Die Nacht vom 13. November 2015 hat Frankreichs Sicherheitsdenken und Selbstverständnis dauerhaft geprägt.
Am 13. November 2015 haben islamistische Extremisten den schwersten Anschlag in der Geschichte Frankreichs angerichtet. Sie trafen Paris mitten ins Herz. Insgesamt wurden in der Terrornacht vor zehn Jahren 130 Menschen getötet, mehr als 350 weitere verletzt. Die Opfer wurden in der Konzerthalle Bataclan sowie in Bars und Restaurants im Osten der Hauptstadt niedergeschossen. Am Stade de France in Saint-Denis sprengten sich außerdem Selbstmordattentäter in die Luft.
Die Terroristen hätten kaltblütig und entschlossen gewirkt, berichteten Überlebende später gegenüber mehreren Medien. Nicht umsonst war immer wieder die Rede von einem Angriff auf die Art, wie wir leben. Es war ein warmer Herbstabend damals. Viele Menschen saßen draußen – auf den für Paris klassischen Terrassen. Die Ziele waren keine Touristenattraktionen, sondern Orte, wo man sich an einem Freitagabend wie diesen auf ein Feierabendbier trifft. Nach dieser Nacht schien niemand mehr sicher.
Allein im Bataclan, wo die amerikanische Band “Eagles of Death Metal” vor rund 1.500 Zuhörern auftrat, töteten drei Attentäter 90 Menschen. Binnen einer halben Stunde fielen in der Konzerthalle 258 Schüsse, wie Ermittler später anhand einer gefundenen Tonaufnahme feststellen konnten. Einige Besucher dachten Berichten zufolge zunächst an eine Inszenierung. Doch dann hörte die Musik auf. Die Lichter wurden eingeschaltet. Und die ersten Opfer fielen zu Boden. Es soll nach Blut und Rauch gerochen haben.
Vor Eintreffen der Spezialeinheiten gelang ein Polizist in die Konzerthalle. Er erschoss einen der Attentäter, musste sich dann aber zurückziehen. Die beiden anderen verschanzten sich mit Geiseln im Obergeschoss. Zwei Stunden lang hielten sie sie in ihrer Gewalt. Es gab Verhandlungsbemühungen. Schließlich stürmten die Spezialeinheiten aber den Gang, in dem sie sich befanden. Einer der Attentäter wurde erschossen, der andere sprengte sich in die Luft. Die verbliebenen Geiseln konnten gerettet werden.
Terroristen eröffnen Feuer auf Terrassen
Zur gleichen Zeit, als sich dieser schreckliche Angriff ereignete, eröffneten drei weitere Terroristen das Feuer auf Gäste des Asia-Restaurants “Le Petit Cambodge” und der gegenüberliegenden Bar “Le Carillon” – dort töteten sie 14 Menschen. Dann fuhr das “Terrassenkommando”, wie es die Ermittler später nennen, weiter und schoss auf Gäste des nahegelegenen Restaurants “Bonne Biere” und der Pizzeria “Casa Nostra”. Fünf Menschen starben. Zwanzig weitere fielen den Attentätern im Restaurant “La Belle Equipe” in der südlich gelegenen Rue de Charonne zum Opfer. Anschließend verletzte einer der Attentäter noch ein Dutzend Menschen, einen davon schwer, als er im Café “Le Comptoir Voltaire” seine Sprengstoffweste zündete.
Trotz allem: Im Fußballstadion konnte ein größeres Ausmaß der schrecklichen Tragödie verhindert werden. Der ursprüngliche Plan der Terroristen ging dort nicht ganz auf. Kurz nach Spielbeginn waren hier noch drei Eingänge für Zuschauer geöffnet. Einer der drei Attentäter vor Ort probierte in den Sektor Ost reinzukommen. Er wurde allerdings kontrolliert – und seine Sprengstoffweste entdeckt. Der Mann flüchtete, beging Selbstmord und riss dabei einen Passanten mit in den Tod. Ein zweiter probierte es im Sektor Nordost, scheiterte aber auch und sprengte sich auch in die Luft. Wenige Minuten später zündete der dritte Attentäter 300 Meter vom Stade de France entfernt seine Weste. Weitere Menschen kamen dabei nicht ums Leben.
Die Detonationen waren während des Fußball-Freundschaftsspiels zwischen Deutschland und Frankreich sogar live im Fernsehen zu hören. Berichtet wurde, dass zwei der Attentäter ins Stadion eindringen und sich auf einer der Tribünen in die Luft sprengen sollten – vor laufender Kamera. Der dritte hätte dann die Aufgabe gehabt, seine Sprengweste vor dem Stadion zu zünden, wenn die Zuschauer versuchten zu fliehen. Dank der Sicherheitsvorkehrungen blieben die 80.000 Menschen, unter ihnen Frankreichs damaliger Präsident François Hollande, sicher.
Neun von zehn Tätern tot
Die Anschläge haben die französische Gesellschaft aber nachhaltig verändert. Und Gerechtigkeit konnte nur bis zu einem gewissen Grad hergestellt werden: Von den zehn Tätern starben sieben noch in der Terrornacht, durch Sprengstoffgürtel oder von Spezialkräften erschossen. Zwei weitere wurden fünf Tage später getötet, als die Polizei sie in Saint-Denis im Norden von Paris aufspürte. Unter ihnen der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge, Abdelhamid Abaaoud.
Dem einzigen noch lebenden Mitglied der Terrorkommandos, Salah Abdeslam, gelang zuerst die Flucht nach Belgien. Im März 2016 wurde er aber im Brüsseler Vorort Molenbeek festgenommen und später nach Frankreich ausgeliefert. Dort musste er sich ab September 2021 vor Gericht verantworten. Der mittlerweile 36-jährige Franzose mit marokkanischen Wurzeln stand im Zentrum des Mammutprozesses um die Anschläge. Neben ihm wurden 19 weitere Verdächtige angeklagt, die den Islamisten geholfen haben sollen.
Neun Monate später, im Juni 2022, wurden die Urteile gesprochen. Abdeslam wurde des Terrorismus und des Mordes schuldig gesprochen. In ihm sah die Staatsanwaltschaft eine Schlüsselfigur. Er erhielt lebenslange Haft ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung. Seine Strafe verbüßt er in Frankreich.
Alle anderen wurden ebenfalls schuldig gesprochen – sechs von ihnen in Abwesenheit. Einer saß in der Türkei in Haft, fünf sollen in Syrien gestorben sein. Vorgeworfen wurde ihnen unter anderem: Papiere besorgt zu haben, Abdeslam außer Landes gefahren zu haben oder verhinderte Attentäter zu sein.
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