Um Täter zu schützen: Polizei verschleiert Gruppen-Vergewaltigungen
Über zwei Gruppen-Vergewaltigungen binnen kurzer Zeit wird in Berlin heftig diskutiert: Auch deshalb, weil die mutmaßlichen Täter aufgrund ihres jugendlichen Alters auf freiem Fuß sind – und weil die Polizei mal wieder aus “ermittlungstaktischen Gründen” mauert.
Um den beliebten Schlachtensee und den bekannten Görlitzer Park im Problem-Kiez Kreuzberg machen die Berlinerinnen inzwischen einen großen Bogen. Aus gutem Grund: Hier sollen in den vergangenen Wochen zwei Gruppen-Vergewaltigungen stattgefunden haben, von denen die Öffentlichkeit erst durch die Medien und durch eine politische Anfrage im Berliner Senat erfuhr. Die Polizei hielt die erschreckenden Vorkommnisse unter der Decke und verschleiert die Hintergründe bis heute.
Im Görlitzer Park, einem berüchtigten Drogen- und Krimi-Hotspot nahe dem Kottbusser Tor, wurde im Juni zunächst ein Pärchen von jungen Männern überfallen und ausgeraubt. Anschließend sollen sich die Mitglieder der Bande an der jungen Frau vergangen haben. Ihr Begleiter musste bei der Vergewaltigung hilflos zuschauen. Obwohl die Täter flüchtig sind, erfuhr die Öffentlichkeit nie etwas von dem schweren Sexualverbrechen. “Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir keine Angaben machen”, sagte Polizeisprecherin Beate Ostertag.
Keine Infos, um Täter nicht zu stigmatisieren
Erst durch eine politische Anfrage erfuhren die Berliner überhaupt, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits eine Soko der Kripo gab, die sich “Calor” (Hitze) nennt. Sie wurde nach einer unfassbaren Gruppen-Vergewaltigung am Schlachtensee nur wenige Tage zuvor gegründet. Auch von diesem Verbrechen erfuhr die Bevölkerung nichts.
Am beliebten See sollen an einem warmen Juni-Abend bis zu 70 junge Leute gefeiert haben. Plötzlich sei die Stimmung gekippt, es habe mehrere Prügeleien gegeben. Als Polizisten Anzeigen wegen Körperverletzungen aufnahmen, erfuhren sie den wahren Grund für die Tumulte.
Demnach sind mehrere junge Männer über ein erst 14 Jahre altes Mädchen hergefallen, sollen es nacheinander vergewaltigt haben. Zwei weitere Teenager berichteten den Beamten von sexuellen Übergriffen. Inzwischen liegen sieben Anzeigen wegen Sexualdelikten vor.
Es gibt drei bekannte Opfer – und vier tatverdächtige junge Männer. Zwei von ihnen sind ebenfalls erst 14 Jahre alt, einer ist 18, der andere 19. Die Polizei durchsuchte ihre Wohnungen, stellte Datenträger sicher, behandelte die Verdächtigen erkennungsdienstlich.
Doch in Gewahrsam wurde das Quartett nicht genommen, es befindet sich auf freiem Fuß. Anfragen örtlicher Medien zur Identität der beschuldigten Männer beantwortete die Staataanwaltschaft mit einer bemerkenswerten Begründung nicht: “Der Zweck eines auf Erziehung und Vermeidung von Stigmatisierung ausgerichteten Jugendstrafverfahrens wird gefährdet, wenn weitere Informationen erteilt werden”, hieß. Mit dieser Begründung lehnte die Justiz auch Nachfragen zur Staatsangehörigkeit und einem möglichen Migrationshintergrund der Verdächtigen ab.
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