Unwetterkatastrophe hat in Deutschland bisher mehr als 140 Tote gefordert
160 Todesopfer wurden bisher gemeldet, zahlreiche Menschen werden aber noch immer vermisst. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht von Schäden, “die unsere Vorstellungskraft übersteigen”. Die Lage ist weiterhin angespannt.
Nach der Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind bisher insgesamt 160 Todesopfer gemeldet worden. Zahlreiche Menschen werden noch vermisst. Die Lage in den betroffenen deutschen Regionen blieb auch am Samstag überwiegend angespannt; mancherorts begann das Wasser leicht zurückzugehen. Zu Mittag besuchten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet den schwer getroffenen Ort Erftstadt.
Verwüstung und Zerstörung in den Gemeinden
Steinmeier sprach von Schäden, “die unsere Vorstellungskraft übersteigen”. Es gebe “Gemeinden, die von Verwüstung, von Zerstörung gezeichnet sind”. Laschet sprach von einer “Jahrhundertkatastrophe”. Es sei eine “nationale Aufgabe”, der betroffenen Region zu helfen. Der CDU-Chef und konservative Kanzlerkandidat versprach Direkthilfe für die betroffenen Menschen und sagte zu, dass “sehr unbürokratisch Geld ausgezahlt” werde. Danach werde man zusammen mit dem Bund “strukturell” den Städten helfen müssen, den Wiederaufbau zu bewerkstelligen. Am Sonntag wird auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der schwer verwüsteten Region in Rheinland-Pfalz erwartet.
In dem südwestdeutschen Bundesland lag die Zahl der bestätigten Todesopfer am Samstagabend bei 98, im nördliche angrenzenden Nordrhein-Westfalen bei 45. Es wurde befürchtet, dass noch weitere hinzukommen, weil einige Autowracks und vollgelaufene Keller noch nicht kontrolliert werden konnten. Hunderte Menschen wurden laut Polizei verletzt. Während sich das verheerende Hochwasser aus vielen Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz langsam zurückzieht, wird in den Trümmern weiterhin nach Todesopfern und Verletzten gesucht. Unter den Opfern in Nordrhein-Westfalen sind vier Feuerwehrleute, wie am Samstag bekannt wurde.
Bisher keine Todesopfer im überfluteten Blessem
Mitten im Chaos gibt es auch kleine Hoffnungsschimmer: Trotz mehrerer eingestürzter Häuser gab es zum Beispiel bisher keine bestätigten Todesopfer in dem extrem unter Wasser stehenden Stadtteil Blessem. Man könne aber nicht ausschließen, noch Tote zu finden, sagte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises. In Blessem südwestlich von Köln bildeten sich nach den Erdrutschen Krater im Erdreich, drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.
Während die Lage in vielen linksrheinischen Gebieten von Nordrhein-Westfalen auch am Samstag angespannt blieb, fielen in anderen Flussgebieten die Wasserstände deutlich. Lediglich im Einzugsgebiet der Ruhr überschritten einzelne Pegel noch die unterste Informationsstufe, hieß es im Lagebericht des Landesumweltamts. Das Rhein-Hochwasser bei Köln erreichte in der Nacht zum Samstag seinen Höchststand, danach fiel der Wasserstand wieder.
In Euskirchen bei Bonn droht Bruch des Staudamms
Die Gefahr ist aber noch nicht überall gebannt. An der Steinbachtalsperre bei Euskirchen droht trotz des sinkenden Wasserstands weiterhin ein Bruch des Staudamms. Der Damm sei “äußerst instabil”, große Teile des Bauwerks seien weggebrochen, teilte die Bezirksregierung Köln am Samstag mit. Es bestehe weiterhin akute Überflutungsgefahr für die Orte unterhalb der Talsperre. Weitere Evakuierungen seien deshalb geplant.
In vielen Ortschaften in Rheinland-Pfalz funktionierte auch am Samstag das Strom- und Telefonnetz nicht. Der Schwerpunkt der Katastrophe liegt im Bundesland im Kreis Ahrweiler. Dort sind auch Brücken zerstört. Der Zugverkehr ist wegen der Überflutungen weiterhin massiv beeinträchtigt. Im Ahrtal sind etliche Straßen gesperrt oder nicht mehr befahrbar.
Verheerende Folgen auch in Belgien
Unklar bleibt die Lage im nordrhein-westfälischen Wassenberg an der Grenze zu den Niederlanden: Dort wurde nach dem Bruch eines Damms des Flusses Rur der Stadtteil Ophoven evakuiert, rund 700 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Die Straßen des Stadtteils standen unter Wasser.
Im Trierer Stadtteil Ehrang wurde am Samstag aufgeräumt, so gut es ging. Erste Bewohner kehrten zurück in ihre Häuser. Betroffen sind der Stadt zufolge 670 Häuser, bei denen im Keller und Erdgeschoss fast alles zerstört wurde.
Verheerend sind die Folgen der Flut auch in Belgien. Dort hat die Hochwasserkatastrophe bisher 24 Menschen das Leben gekostet. “Leider müssen wir damit rechnen, dass diese Zahl in den nächsten Stunden und Tagen weiter ansteigen wird”, teilte das Nationale Krisenzentrum des Landes am Samstag mit. In den Niederlanden kämpfen die Bewohner entlang der Maas ebenfalls mit Sandsäcken und Schutzmaßnahmen gegen das Hochwasser. Mit einem Absinken des Wassers wurde in Roermond am Sonntagmorgen und in Venlo am Sonntagabend gerechnet. (APA/Red)
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