Am 31. Oktober – Halloween – fanden in Phoenix, Arizona, zwei politische Veranstaltungen statt, die den Kontrast in der Stimmung unter den Wählern verdeutlichten: die Rally von Kamala Harris im Talking Stick Amphitheatre und die Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump bei „Tucker Carlson Live“ in der Desert Diamond Arena.

Beide Veranstaltungen zeigten Resonanz bei den jeweiligen Anhängern und beleuchteten die politischen Strategien der beiden Kandidaten. Während die Veranstaltung der Harris-Kampagne mit Auftritt der mexikanischen Kult- Musikgruppe „Los Tigres del Norte“ kostenlos war, zahlten die Besucher von „Tucker Carlson Live“ mit Donald J. Trump um die 30 US-Dollar für ihre Tickets, wobei die Erlöse den Hurrikan-Opfern gespendet werden. Ende September starben durch den Hurrikan „Helene“ über zweihundert Personen in Florida, Georgia, South Carolina und weiteren Bundesstaaten, tausende Häuser wurden zerstört.

Kamala-Harris-Werbefähnchen

Kamala Harris: Angst und Nervosität prägen die Atmosphäre

Kamala Harris trat bei ihrer Rally mit ihren Parolen „Let’s get to work“ (“An die Arbeit!”), „We have work to do“ (“Es gibt Arbeit zu erledigen!“) sowie „If we vote, we win“ („Wenn wir wählen, gewinnen wir!“) auf, sprach viel über mehr „Social Security“ (Sozialversicherung) und „Medicare“ (Krankenversicherung). Der Fokus der 26 Minuten lag aber stark auf der Verhinderung einer Wiederwahl von Donald Trump sowie auf Vorwürfen, wie dass es sein Ziel wäre, Abtreibungen in den gesamten USA zu verbieten. Diese Herangehensweise schürte ein Gefühl der Unsicherheit.

Das Feindbild wurde auch mit Rufen wie „lock him up“ („Sperr ihn ein!“) aus dem Publikum begleitet.  Patriotische Symbole in Form von US-Flaggen waren nur spärlich vertreten. Einige Anwesende trugen Mund- und Nasenschutz.

Mit um die 8.000 Besucher blieb die Rally weit hinter der Kapazität von bis zu 20.000 im Talking Stick Amphitheatre zurück. Die Menge war durchaus divers, relativ viele Latinos (es wurde auch auf der Bühne häufig Spanisch gesprochen, aber nicht von Kamala Harris), Frauen mit Kindern, weiße Pensionisten und offensichtliche Taylor-Swift-Fans („I’m in my Kamala Era“). Zudem sorgten Proteste von Palästina-Aktivisten am Rande der Veranstaltung für ein wenig Aufregung. Die An- und Abreise war aufgrund der im Verhältnis zur Kapazität mittelgroßen Veranstaltung unproblematisch und ohne Wartezeiten oder Parkplatzsuche möglich.

Donald Trump bei Tucker Carlson Live: Optimismus und patriotische Begeisterung

Im Vergleich zu Kamala Harris am frühen Nachmittag gab es in der Desert Diamond Arena eine mitreißende Atmosphäre. Eine Wahlkampfveranstaltung, die als Teil der “Tucker Carlson Live Tour“ des ehemaligen FOX Moderator Tucker Carlson auch weitere hochkarätige Gastredner wie den politischen Aktivisten Charlie Kirk und die Mitstreiter Robert F. Kennedy Jr. und Nicole Shanahan (die beiden hatten bis Ende August ihren eigenen parteilosen Wahlkampf am Laufen) brachte, zog ungefähr 16.000 bis 18.000 Besucher an, die mit ihren Tickets auch den Hurrikan-Hilfsfonds unterstützen.

Eine volle "Desert Diamond Arena" mit dem konservativen Moderator Tucker Carlson.ZVG/privat

Die Veranstaltung war von einer spürbaren Aufbruchsstimmung geprägt, kombiniert mit einem Protest gegen die aktuelle Regierung. Auch der Patriotismus war unübersehbar: Die Menge war reich an US-Flaggen und Trump-Kappen. Einige Leute erschienen sogar in Müllabfuhr- oder sogar Müllsack- Verkleidungen nach der Ansage von Joe Biden, dass Trump-Unterstützer „Garbage“ („Abfall“) wären. Als Donald Trump dann die Bühne betrat, folgte ein 90-minütiges Interview mit Tucker Carlson, das inhaltlich sehr den typischen Rallies des Präsidentschaftskandidaten ähnelte: Trump forderte mehr Zölle, weniger Steuern, ein Stopp der Migration und eine konsequente Abschiebung der aktuell illegalen Migranten im Land.

Medial Wellen schlug eine Aussage, bei der Trump Liz Cheney, eine prominente Kritikerin des ehemaligen US-Präsidenten innerhalb der republikanischen Partei), empfahl, dass sie als „Warhawk“ (Kriegstreiber) selbst einmal in den Lauf von Waffen blicken sollte.

Fazit: Trump hat in Arizona (stimmungsmäßig) die Nase vorne

Warteschlangen vor dem Eingang der Arena.privat

Die beiden Veranstaltungen verdeutlichten die unterschiedlichen politischen Landschaften in den USA. Während die Harris-Kampagne von dem Propagieren eines klaren Feindbilds und dem Verhindern von Trump geprägt ist, vermittelt der Republikaner nötigen Veränderungswillen und klaren Protestgeist. Diese unterschiedlichen Stimmungen werden sich rund um den Wahltag wahrscheinlich nochmal verstärken. Beide Kandidaten haben auch stark das „early voting“ forciert, mit Erfolg: Noch nie wurden so viele Stimmen bereits vor dem Wahltag direkt bei der jeweiligen Wahlbehörde vor Ort abgegeben.

Während man von Harris gerne mehr erfahren würde, könnte Trump seine Auftritte gefühlt eher um 10 bis 20 Minuten kompakter gestalten. Doch der beliebte Song “YMCA” am Ende machte die Überlänge fürs Publikum wieder wett.