Seine Tochter Clarissa Conti* ist 14 Jahre alt und geht auf ein Gymnasium in Köln. „Ein hübsches und interessiertes Mädchen“, erzählt der Vater. „Sie lernt neben der Schule noch Japanisch, ist sehr strebsam. Davon fühlen sich wohl manche Mitschüler provoziert. Die Klasse, in die sie geht, gilt sowieso seit längerem als Problemklasse. Der Anteil an Migranten aus muslimischen Ländern liegt geschätzt bei 50 bis 60 Prozent.“

Sexuelle Belästigung durch drei Mitschüler

Vor einem Jahr, zu Beginn der 8. Klasse, wurde die Tochter von drei Mitschülern sexuell belästigt. Clarissa stand am Waschbecken des Klassenzimmers, als drei Jungen sich näherten: Ibrahim fasste sie an den Hintern, griff ihr dabei in den Schritt, Hakan und Zoran feuerten ihn an.

Die Familie hielt den Vorfall schriftlich fest, um die Schule zu informieren. In der Mail beschreibt Clarissa die Situation wie folgt:

„Ich spürte einen Klaps auf meinem Po. In meinem Rücken wurde auf einmal gelacht. Ich fühlte mich sehr unangenehm in der Situation und habe mich direkt zu meinem Platz bewegt. Auf dem Weg dorthin hat mich Hakan angesprochen: ‚Hast Du mitbekommen, was Ibrahim bei Dir gemacht hat?‘ Ich habe nichts geantwortet, weil ich mich gedemütigt gefühlt habe, und mich nur noch auf meinen Platz gesetzt. Auf den beginnenden Unterricht konnte ich mich nicht mehr konzentrieren und dachte über das Geschehene nach. Diese Gedanken wurden unterbrochen, weil mich permanent Ibrahim gerufen hat und mich auch noch ausgelacht hat.“

Nach der Stunde wurde Clarissa von Mitschülerinnen auf den Vorfall angesprochen, weil sie nicht glauben wollten, was passiert war: „‚Hat Ibrahim das wirklich gemacht?‘. Mir war das sehr unangenehm“, schreibt Clarissa. Zoran hatte sie einige Wochen zuvor gefragt, ob sie mit ihm gehen wolle. „Dies habe ich mehrfach verneint und nach weiteren nervigen Nachrichten habe ich den Kontakt von ihm gelöscht. Ibrahim hat mich mehrfach als ‚Schlampe‘, ‚Hure‘ und ‚fettes Schwein‘ beleidigt. Zusätzlich hat er mich in einer anderen Sprache beleidigt.“

Im Klassenchat auf WhatsApp versuchten die Jungen, die Schuld von sich zu weisen und baten ihre Mitschüler, eine Mail zu schreiben, um ihre Unschuld zu bezeugen.

„Ey, du Hure“

Clarissa litt noch wochenlang unter der Belästigung – und wurde von den Jungen gemobbt. Ibrahim saß im Klassenraum hinter ihr, rief von dort Dinge wie „Ey, du Hure“. Vater Matteo Conti erzählt: „Das passiert ohnehin öfter, doch in dieser Zeit setzte es ihr besonders zu. Die Jungs hauten sich außerdem gegenseitig auf den Hintern, grinsten Clarissa und ihre Freundinnen an und riefen: ‚Jetzt werde ich angezeigt‘.“ Mehrere Wochen lang fuhr der Vater, wann immer seine Arbeitszeiten es zuließen, morgens heimlich den Schulweg seiner Tochter mit, weil Ibrahim dieselbe Bahn nahm.

Der Vater sprach mit dem Klassenlehrer und dem Schulleiter. Doch die Schule erklärte, ihr seien die Hände gebunden. Stattdessen schlug die Schule vor, dass Clarissa mit der Schulsozialarbeiterin reden solle, damit diese ihr „Strategien vermittelt, die ihr wieder Selbstbewusstsein geben“. Clarissa jedoch wollte das Geschehene lieber hinter sich lassen.

Einzig auf die Klassenfahrt durften die Jungen nicht mitkommen. Der Schulleiter riet darüber hinaus, den Fall anzuzeigen. Das tat Conti auch, allerdings mit ernüchterndem Ergebnis: Da die Jungen zum Tatzeitpunkt unter 14 Jahren waren, stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, wie Dokumente belegen, die NIUS vorliegen.

„Ich nehme das Recht selbst in die Hand!“

Conti fühlt sich vom Staat im Stich gelassen: „Die Polizei fand nicht einmal die Zeit, bei den Jungs vorbeizufahren und eine Ansprache durchzuführen. Daraufhin sagte ich dem Polizisten: Beim nächsten Mal werde ich mir andere Mittel suchen und das Recht in die eigene Hand nehmen. Der Polizist rief, das dürfe ich nicht sagen, das sei Selbstjustiz. Aber die Polizei macht ja nichts!“

Conti ist wütend und fühlt sich hilflos: „Ich lebe seit meiner Kindheit in Köln, bin hier in einem Arbeiterviertel aufgewachsen und habe selbst Migrationshintergrund. Aber mittlerweile überlege ich, aus Köln wegzuziehen. Die Stadt ist mir zu asozial geworden.“

Einer der beteiligten Jungen wechselte einige Zeit später auf die Realschule, ein anderer wechselte die Klasse. Clarissa geht heute in die 9. Klasse und möchte über die Belästigung nicht mehr sprechen – um nicht an das schlimme Erlebnis erinnert zu werden.

*Alle Namen wurden geändert