“Wir verhandeln einen sonderbaren Fall”, hat der Verteidiger den Prozess wegen versuchten Mordes gegen eine 15-Jährige beschrieben. Die Angeklagte war einige Zeit davor selbst Opfer von Gewalt gewesen. Monate später stach sie einer der damals vermutlich Beteiligten mit dem Messer in den unteren Rücken. Schuldig fühlte sie sich nur der Körperverletzung.

Der Vorfall ereignete sich am ersten Juni, doch begonnen hatte alles bereits im Februar. Damals wurde die heute 15-Jährige von einigen Mädchen in ein Haus gelockt und mit Tritten und Schlägen – unter anderem mit einer Eisenstange – malträtiert. Auch ihre Haare und die Kleidung sollen angezündet worden sein. Grund für diese “Racheaktion” war, dass die Angeklagte angeblich gelacht hatte, als der Bruder eines der Mädchen auf der Straße nach einer Überdosis Drogen wiederbelebt werden musste.

Die Angeklagte stach dem Opfer in den Rücken

Vier Monate später schritt die damals 14-Jährige laut Staatsanwältin selbst zur Rache. Sie steckte ein Messer ein und suchte eines der Mädchen auf. Dann verlangte sie eine Entschuldigung, was die andere verweigerte und wegging. Die Angeklagte ging ihr nach und stach ihre Kontrahentin in den unteren Rücken. Eigentlich sollte der Stich in die Pobacke gehen, doch aufgrund der Bewegung traf es den Rücken, führte der Verteidiger aus.

Zunächst soll die 13-jährige Schwester der Beschuldigten die Tat gestanden haben. Sie wäre noch nicht strafmündig gewesen. Das spräche dafür, dass die Tat geplant gewesen sei, war die Anklägerin überzeugt.

In ihrer Zelle „beschimpfte sie alle und jeden“

Belastend für die heute 15-Jährige waren auch Aufzeichnungen, die man in ihrer Zelle in der Haft gefunden hatte. Dort beschimpfte sie alle und jeden. “Ich wurde als Hurensohn-Anwalt bezeichnet”, schilderte der Verteidiger, der diese schriftlichen Entgleisungen aber eher als “Abfallkübel, wo man alles niederschreibt” sah und ihr nicht weiter übel nahm.

Nach dem vermeintlichen Lachen wegen des Bruders “richtete sich die Aggression des ganzen Clans” gegen die Angeklagte und es wurde beschlossen, sie zu bestrafen.

“So kann das nicht weitergehen, dass jeder jeden absticht, da ist auch die Politik gefordert”, wetterte der Anwalt. Seine Mandantin habe jedenfalls seit dem Vorfall eine posttraumatische Störung, Flashbacks und Schlafstörungen. Die Zurechnungsfähigkeit war laut Sachverständigem gegeben, allerdings etwas vermindert.

Während der Einvernahme der Angeklagten erfolgte ein Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Urteil wurde für Nachmittag erwartet. (APA / Red.)