Angesichts der bevorstehenden EU-Wahlen hat die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik eine Umfrage bei market in Auftrag gegeben. Das Ergebnis zeigt: Die Sorgen der Politik sind nicht immer die Sorgen der Bürger. Während auf EU-Ebene viel über den Ukraine-Krieg, die Klimapolitik und neue EU-Mitglieder gesprochen wird, verärgern vor allem zwei Probleme die Österreicher: die Teuerung und die illegale Migration. Zu beidem erwarten sich die Bürger endlich klare Antworten aus Brüssel.

68 Prozent halten Inflation für das dringlichste Thema

Essen, Tanken, Heizen – alles wird teurer. Die Rekordinflation zermürbt die Österreicher offenbar zunehmend. 68 Prozent finden, der Kampf gegen die Inflation sollte für die EU hohe Priorität haben, wie die neue market-Umfrage nun ermittelt hat. Kein anderes Thema hat für die Bürger mit Blick auf die EU einen ebenso hohen Stellenwert. Hier sehen sie Brüssel ganz besonders gefordert.

Der Euro – für Österreicher zurzeit ein „Teuro“: Die Geldpolitik der EZB ist für viele ein wichtiges Thema.Getty

Tatsächlich ist die Steuerung der Inflation zentrale Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB), doch die hatte viel zu spät begonnen, die Teuerung durch Erhöhung des Leitzinses zu bekämpfen. (Den Ankauf von Staatsanleihen hat sie nie beendet.) Ein zentrales Problem des Währungsraums liegt nun offen zutage: Die Preise steigen in den einzelnen Euro-Ländern unterschiedlich stark.

Ukraine-Hilfe und EU-Erweiterung am wenigsten wichtig

Am zweitwichtigsten ist den Bürgern eine „einheitliche EU-Migrations- und Asylpolitik“. 59 Prozent halten hier ein Handeln der EU für am dringlichsten. Wirklich verwunderlich ist auch dieses Ergebnis nicht mit Blick auf die Flüchtlingszahlen: Gemessen an der Bevölkerungsgröße erlebte kein EU-Staat in den vergangenen Jahren einen so starken Zuzug von Asylwerbern wie Österreich. (Nur in Zypern ist der Anteil noch höher.)

Eine Erweiterung der EU liegt den Österreichern hingegen überhaupt nicht am Herzen. Nur für sieben Prozent ist das Thema dringlich. Gleiches gilt für die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland. Für 18 Prozent hat dieses Thema eine hohe Priorität – das ist der zweitniedrigste Wert. Klima- und Umweltschutz halten immerhin 48 Prozent für wichtig – was allerdings ebenfalls weniger als die Hälfte sind.

Gesellschaft für Europapolitik sieht „Anlass zum Nachdenken“

Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, meint dazu: „Zum Start des Europawahljahres 2024 wünschen sich die Menschen in Österreich an vorderster Stelle, dass die EU den Kampf gegen die Inflation ganz oben auf ihre Prioritätenliste setzt.“ Angesichts der weiterhin hohen Teuerung sei das „wenig verwunderlich“. Und: „Der vergleichsweise niedrige Stellenwert, dem demgegenüber einer Stärkung der globalen Rolle der EU, der Unterstützung der Ukraine sowie einer künftigen Erweiterung der Union zugemessen wird, sollte jedoch Anlass zum Nachdenken geben.“

Für die von 2. bis 4. Jänner 2024 von market durchgeführte österreichweiten Online-Umfrage wurde 1000 Personen im Alter von 16 bis 80 Jahren befragt.