Konkret sorgen vier parlamentarische Anfragen von ÖVP-Abgeordneten an die grüne Justizministerin Alma Zadic für Verwunderung. Sie fanden sich auf dem Laptop des verstobenen Sektionschefs Pilnacek. Die Fragen stammen zwar aus der ÖVP, wurden jedoch offenkundig durch Pilnacek gecheckt und ergänzt. Der von Zadic entmachtete Spitzenbeamte stand immer der Volkspartei nahe und war auf die Justizministerin nicht gut zu sprechen.

Peter Pilz veröffentlicht die Anfragen und zeigt Pilnaceks Ergänzungen in seinem neuen Buch (“Ostblock”) auf. Das kommt für die ÖVP so kurz vor den Nationalratswahlen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

Offenbar nervös, geht die bedrängte Volkspartei in die Vorwärtsverteidigung, das Sommertheater ist eröffnet:

1. Akt: Pilz, Dr. Böhler und der Pilnacek-Laptop

Doch wie kommt Pilz an die Daten auf dem Laptop? Durch die Pilnacek-Kommission, die nach dem Tod des Sektionschefs untersucht, ob die ÖVP besonderen Einfluss oder gar Druck auf die Justiz ausübte? Durch indiskrete Ermittler? Oder doch durch eine Frau, die spätestens seit dem 25. Mai 2022 unter Dauer-Verdacht bei den Schwarzen steht: Dr. Sarah Böhler, die Kabinettschefin von Justizministerin Zadic. Sie wurde damals in einem Untersuchungsausschuss schon bezichtigt, Daten weiter gegeben zu haben. Pilz und Böhler waren zwar politische Weggefährten, die Vorwürfe entpuppten sich jedoch schon vor zwei Jahren als haltlos. Böhler weist die Unterstellungen entschieden zurück, droht mit juristischer Gegenwehr: “Wie bereits klargestellt, sind die erhobenen Vorwürfe falsch und entbehren jeder faktischen Grundlage. Daher wird die Einleitung rechtlicher Schritte in dieser Causa, insbesondere gegen den Anzeiger wegen Verleumdung, geprüft”, so das Ministrium gegenüber dem eXXpress.

2. Akt. ÖVP-Gegenschlag, Strafanzeige, der Rapid-Kicker

Jetzt sind die alten Vorwürfe wieder aktuell. Es traf sich für die ÖVP gut, dass am 11. Juni eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft in Wien einging, die dem eXXpress vorliegt. Darin äußert der  Anzeigeerstatter Karl S. den Verdacht des Amtsmissbrauchs. Als Indiz liefert er die Mitschrift einer Tonbandaufnahme mit einem früheren Rapid-Fußballer, der darin vorgibt, ganz leicht an Akten aus dem Justizministerium zu kommen.

ÖVP-General Christian Stocker forderte nach Bekanntwerden umgehend Aufklärung durch Justizministerin Zadic, die “Krone” sekundierte, schrieb von einem “Daten-Krimi” im Justizministerium und nährte den Verdacht, dass tatsächlich vertrauliche Akten aus der Zadic-Behörde lanciert worden sein könnten.

3. Akt: Illegale Tonband-Aufnahme, altes Material, Ende

Was die Aufführung im Sommertheater nicht besser macht: Der Anzeigeerstatter diente sich früher als Nachrichtenhändler beim Verfassungsschutz an, gilt heute in LVT und BVT als unbrauchbare Quelle. Seine Tonbandaufnahme soll ohne Zustimmung – also illegal – entstanden sein. Der frühere Rapid-Kicker als Gesprächspartner gibt an, im Leben noch nie ein Wort mit Sarah Böhler oder Alma Zadic gewechselt zu haben.

Die Tonbandaufnahme, die der aktuellen Anzeige zugrunde liegt, ist über ein Jahr alt. Warum sie ausgerechnet jetzt ausgespielt wird, ist zumindest schleierhaft. Man muss kein Prophet sein: Die Staatsanwaltschaft wird sich schon schwer tun, überhaupt einen Anfangsverdacht für ein Ermittlungsverfahren zu bejahen.

Ende der mäßigen Vorstellung.