1. Jänner 2019: Das seltsame Datum im Geheimpakt von Türkis-Grün
“Kapier’ ich da jetzt was nicht?”, rief Ex-FPÖ-Chef HC Strache beim eXXpress an: Auch er sah den geheimen Sideletter zwischen Türkis und Grün. Strache fiel sofort das Datum über den Unterschriften auf: 1. Jänner 2019. Strache: “Da war ich doch noch viereinhalb Monate Vizekanzler.” Das gibt Raum für interessante Theorien – auch wenn Grüne und ÖVP das sicher mit einem Tippfehler erklären werden.
Nicht nur das der grünen Basis verheimlichte Ja zum Kopftuchverbot im bisher geheimen Sideletter zur gemeinsamen Regierung mit der ÖVP bringt nun Grünen-Chef Werner Kogler in Erklärungsnotstand: Auch das Datum dieses Geheimpapiers ist äußerst interessant.
Obwohl mindestens sechs Personen – routinierte Politiker und deren engste Mitarbeiter – dieses Schreiben verfasst und sicher mehrmals durchgelesen haben, ist auf der letzten Seite des Geheimvertrags zwischen Grüne und Türkis zu lesen: 1. Jänner 2019.
“Die türkis-grüne Geheimvereinbarung wurde also bereits am 1. Jänner 2019 unterfertigt. Kapier’ ich da jetzt was nicht? Ich bin nämlich erst am 18. Mai 2019 als Vizekanzler zurückgetreten. Haben die schon in prophetischer Weise im Voraus gehandelt, bevor die Teile des Ibiza-Videos am 17. Mai 2019 veröffentlicht worden sind?”, wundert sich jetzt Heinz-Christian Strache im Gespräch mit dem eXXpress.
Mehrere Hinweise auf lange geplante Sprengung von Türkis-Blau
Der Ex-Vizekanzler stellt dazu noch eine interessante Frage: “Mir fällt da wieder der Eintrag im Kalender des Bundespräsidenten für den Tag der Ibiza-Video-Veröffentlichung, den Freitag, ein: ,Bombe platzt’, also in der Gegenwart. Und nicht als Erinnerung für den 17. Mai 2019. Hat Van der Bellen schon vorab von der Sprengung der türkis-blauen Koalition gewusst?”
Und noch weitere Punkte könnten nahelegen, dass 1.1.2019 sehr wohl das richtige Datum auf dem Geheimvertrag gewesen sein könnte – und Türkis und Grün schon fünf Monate vor der Ibiza-Regierungskrise eine detaillierte Koalitions-Zusammenarbeit für den “Fall der Fälle” schriftlich vereinbart haben könnten: So schreibt der Ibiza-Krimi-Haupttatverdächtige Julian Hessenthaler per SMS seinem privaten, schwer krebskranken Kreditgeber, dass “Mitte Jänner 2019 das Geld von X (Anm.: einem bekannten Medienhaus) ausgezahlt” werden sollte. Der aktuell wegen schwerer Drogenverbrechen angeklagte Video-Mitproduzent könne also die ausgeliehenen 70.000 € plötzlich zurückzahlen.
Mit diesem SMS Hessenthalers, das dem eXXpress vorliegt, ist klar: Wenn schon “Mitte Jänner” das Geld für die Leistung, also das Ibiza-Video, “ausgezahlt” wird, muss das Video im Jänner 2019 bereits im Umlauf und vielen wichtigen Playern in Politik und Medien bekannt gewesen sein. Das nötige Pulver für die Sprengung der türkis-blauen Koalition lag also seit Jänner 2019 bereit, die Lunte dazu brannte – alles war vorbereitet für den “Tag X”.
Strache erinnert sich: "Schlechte Stimmung in der Koalition ab Dezember 2018."
Noch ein Punkt ist für Heinz-Christian Strache ein Indiz, dass dieses Datum auf dem Geheimpakt stimmen könnte: “Bis Dezember 2018 war die Stimmung in der Koalition mit der ÖVP sehr gut – und plötzlich ging nichts mehr.” So erinnert sich der Ex-FPÖ-Chef daran, wie der damalige Kanzler “extrem sauer war”, weil die FPÖ die Unterschrift unter den umstrittenen UN-Migrationspakt verhindert hat. Strache: “Und die ÖVP-Seite wusste, dass im 2019er-Jahr alle Sideletter-Vereinbarungen, die wir als FPÖ wollten, zu erfüllen gewesen wären. Darunter war auch die komplette Entpolitisierung des ORF, eine Neubesetzung aller ORF-Chefposten über eine neutrale und professionelle Personalauswahl sowie die Abschaffung der unbeliebten GIS-Gebühr.”
Zur Umsetzung der von der FPÖ gewünschten Punkte aus dem geheimen Sideletter zwischen Türkis und Blau ist es dann nicht mehr gekommen – am 17. Mai 2019 zerriss die große Aufregung über das Ibiza-Video die Koalition. Ein Video, das bereits im Juli 2017 gedreht worden ist, das lange Zeit von der Täter-Clique nicht verkauft werden konnte – und von dem nicht nur die SPÖ und die NEOS wussten.
Auch wenn die ÖVP nun betont, dass “2019” ein Tippfehler sei: Ein fließender Koalitions-Wechsel zu den Grünen nach Auftauchen des Strache-Videos wäre elegant gewesen.
Die FPÖ schmiss aber trotz aller Video-Hysterie nicht hin, Norbert Hofer wollte anfangs weitermachen – plötzlich sollte auch Herbert Kickl als Innenminister gehen. Dann kam der erste Versuch einer “Expertenregierung”. In all den möglichen Planungen könnte eins nicht einkalkuliert gewesen sein: der gemeinsame Misstrauensantrag von SPÖ und FPÖ – und der damit erzwungene komplette Rücktritt der Regierung. Somit mussten erst Neuwahlen durchgeführt werden, dass Türkis-Grün möglich wird.
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