1. Mai: Klare Absage Ludwigs an jede Koalition mit der FPÖ auf dem Rathausplatz
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erteilte einer Koalition mit den Freiheitlichen auf dem Wiener Rathausplatz eine klare Absage – unter dem Applaus der Teilnehmer. Der Mai-Aufmarsch findet diesmal inmitten erbitterter Kämpfe statt. In der SPÖ findet eine Mitgliederbefragung statt. Unklar ist, ob Pamela Rendi-Wagner Parteichefin bleibt.
Zumindest wenn es um die äußeren Feinde geht, zieht die Sozialdemokratie an einem Strang. Das versuchte sie beim Mai-Aufmarsch deutlich zu machen. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kritisierte scharf den niederösterreichischen FPÖ-Politiker Gottfried Waldhäusl für seinen “Dann wäre Wien noch Wien”-Sager gegenüber einer Schülerin mit Migrationshintergrund. Klar sei: Mit einer so fremdenfeindlichen Partei – ob mit oder ohne Herbert Kickl an der Spitze – könne die SPÖ nicht koalieren, weder in Wien, noch im Bund. Es folgte tosender Applaus.
Ein peinlicher Lapsus unterlief danach der SPÖ-Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden der Wiener SPÖ Frauen Marina Hanke. Ein herzliches “Freundschaft” sprach sie “unserem Bürgermeister Dr. Michael Häupl” aus. Erst nach einigen Sekunden korrigierte sie sich: “natürlich Michael Ludwig”.
Keine Pfiffe und Buhrufe bei Rendi-Wagner
Mit einem Anti-FPÖ-Kurs erntete auch Parteichefin Pamela Rendi-Wagner begeisterten Zuspruch. Dabei wetterte die Vorsitzende ebenso gegen die Volkspartei und warnte vor einem neuen ÖVP-FPÖ-Koalition auf Bundesebene. Auch sonst ging Rendi-Wagner mit der Regierung hart ins Gericht, die zu wenig tue gegen die Inflation. Am meisten Applaus erntete aber für ihre Attacken auf die Freiheitlichen.
Die Angst, die jetzige Parteichefin könnte ausgepfiffen werden, wie 2016 Bundeskanzler Werner Faymann, war offensichtlich unbegründet. Die anwesenden Parteimitglieder stellten sich bei der Abschlusskundgebung hinter die jetzige Vorsitzende – ohne Pfiffe und Buhrufe.
Aufmarsch im Schatten der Mitgliederbefragung
Äußerlich schien alles von Beginn an wie immer abzulaufen: Auf der Ringstraße machten Delegationen mit Transparenten und Plakaten auf ihre Anliegen aufmerksam. Es wurde getrommelt, musiziert und Fahnen geschwenkt.
Dennoch: Der in der SPÖ tobende Krieg ließ sich nicht ganz verstecken. In der Sozialdemokratie findet zurzeit ein Ringen um den Parteivorsitz statt. Zurzeit läuft deshalb eine Mitgliederbefragung. Das machte sich auf einzelnen Transparenten bemerkbar.
So zeigte sich, dass Parteichefin Rendi-Wagner keinesfalls nur Fans im Publikum haben dürfte. Gewerkschafter machten sich etwa für “Parteidemokratie und Andi Babler” stark. Ein Transparent einer Jugendorganisation bescherte auch Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch eine Erwähnung, wenn auch keine sonderlich freundlich: “Keine Deutschpflicht in Schulen und der Löwelstraße”, wurde da gefordert.
Rendi-Wagner hat kurz vor 1. Mai Öl ins Feuer gegossen
2016 war der damalige SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann am Rathausplatz ausgebuht worden und trat wenig später zurück. Rendi-Wagner hat im parteiinternen Konflikt nun just einen Tag vor dem 1. Mai Öl ins Feuer gegossen und ihrem einstigen Förderer, dem früheren SPÖ-Chef und Kanzler Christian Kern, in Interviews am Sonntag Charakterlosigkeit vorgeworfen, weil dieser nun ihren Kontrahenten Hans Peter Doskozil unterstützt.
Während aus den Bundesländern die Kritik an der SPÖ-Chefin in den vergangenen Monaten lauter geworden ist, kritisiert die Parteizentrale Rendi-Wagners Gegenspieler, allen voran den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, aber auch den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler. Gegen 10.30 Uhr findet die Abschlusskundgebung mit der Bundesparteiobfrau statt.
Rendi-Wagner Gegenspieler nicht in Wien
Die Konkurrenten der Parteivorsitzenden sind ebenfalls im Einsatz, allerdings nicht in Wien: Doskozil nimmt an einer Veranstaltung in Kobersdorf im Mittelburgenland teil. Mitbewerber Babler wird unter anderem die Festrede bei der 1. Mai-Feier in Krems-Lerchenfeld halten. Später wird er auch in seiner Heimatstadt Traiskirchen auftreten. “Gehen wir gemeinsam auf die Straße. Weil wir nur geeint die stärkste Kraft sein können”, twitterte Babler.
Luftaufnahmen deuten auf keine große Teilnehmeranzahl hin
Unklar ist noch, wie viele SPÖ-Mitglieder diesmal mitmarschieren. Darüber war in den vergangenen Jahren ein Streit ausgebrochen. Von 100.000 fahnenschwenkenden Sozialdemokraten hat im vergangenen Jahr die Bundespartei gesprochen. Die Polizei kam auch nicht einmal 2000.
Bisherige Luftaufnahmen deuten nicht auf einen großen Andrang hin:
Niedrige Mieten und Vermögenssteuern gefordert
Das Motto der traditionellen roten Kundgebung am Wiener Rathausplatz lautet “Stark. Stärker. Zusammen”. Es gelte, Geschlossenheit für eine geeinte Sozialdemokratie zu zeigen, wurde im Vorfeld betont. Die ersten Abordnungen wurden gegen 9.00 Uhr vor dem Rathaus empfangen. Die Prominenz wanderte ebenfalls mit, Rendi-Wagner winkend mit dem 1. Bezirk und der Wiener Landesparteivorsitzende, Bürgermeister Michael Ludwig, mit der Abordnung aus Floridsdorf. Auch Alt-Bürgermeister Michael Häupl ist da.
Die diversen Parolen auf den Transparenten widmeten sich höchst unterschiedlichen Anliegen. So wurde etwa gegen die steigenden Mieten gewettert und für Vermögenssteuern plädiert. Auch das Nachbarbundesland war – wohl dank der Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ – heuer Thema. “Wien darf nicht Niederösterreich werden”, hieß es auf einem Plakat.
Der Einzug wird bis etwa 10.15 Uhr dauern. Danach beginnen die Reden. Neben Ludwig und Rendi-Wagner werden ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und die Wiener Frauenvorsitzende Marina Hanke das Wort ergreifen.
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