Die NIUS vorliegenden Dokumente stammen aus dem Ministerialblatt vom 15. August 2025. Darin führt das Innenministerium eine offizielle „Liste extremistischer Organisationen“, die in Bewerbungsverfahren als verbindliche Grundlage dient. Auf dieser Liste steht die AfD neben islamistischen Terrororganisationen wie Al-Qaida, Taliban, Hamas oder dem „Islamischen Staat“ auch neben rechtsextremen Gruppen wie „Combat 18“, der „Nationalrevolutionären Jugend“ sowie linksextremen Zusammenschlüssen wie der „Interventionistischen Linken“ oder der Kleinpartei „MLPD“.

Auffällig ist, dass die militante Gruppe „Antifa Ost“, deren Mitglieder wegen versuchten Mordes vor Gericht standen, in der aktuell verwendeten Liste nicht auftaucht, merkt die Junge Freiheit an.

Die Aufstellung ist Bestandteil der „Belehrung über die gesteigerte Pflicht zur Verfassungstreue“, die Bewerber im öffentlichen Dienst und kommunale Wahlkandidaten unterschreiben müssen.

Ein Ausschnitt aus der ListeNIUS/NIUS

Kandidaten, die in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm (Landkreis Mainz-Bingen) zur Bürgermeisterwahl antreten wollen, müssen eine entsprechende Erklärung abgeben. Darin heißt es, man sei „in den letzten fünf Jahren nicht Mitglied in einer hiergegen gerichteten Organisation“ gewesen, „insbesondere nicht in einer der in der aktuellen Fassung […] aufgeführten Liste extremistischer Organisationen“. Da die AfD in dieser Liste geführt wird, bedeutet die Unterschrift für ihre Mitglieder eine faktische Selbstdisqualifikation.

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Vorbild Ludwigshafen?

Der Schritt folgt auf den „Beamtenerlass“ vom Juli 2025. Damals kündigte Innenminister Michael Ebling (SPD) an, dass künftig keine AfD-Mitglieder mehr im öffentlichen Dienst eingestellt würden. Bewerber müssten ausdrücklich erklären, keiner extremistischen Organisation anzugehören oder in den vergangenen fünf Jahren angehört zu haben. Die im Ministerialblatt veröffentlichte Liste ist die dafür maßgebliche Entscheidungshilfe.

Wenig später wurde der AfD-Kandidat Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen ausgeschlossen. Wie Recherchen von NIUS zeigten, verschickte bereits damals die kommunale Aufsichtsbehörde ADD Schreiben an Gemeinden, um die „Verfassungstreue“ potenzieller AfD-Kandidaten abzufragen. Bei Zweifeln lieferten Verfassungsschutzbehörden entsprechende Bewertungen. Auf dieser Grundlage wurde Paul von der Kandidatur ausgeschlossen; die Wahl Anfang Oktober verzeichnete eine extrem niedrige Beteiligung und ging schließlich an CDU-Kandidat Klaus Blettner.

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„Kommt einem Parteiverbot gleich“

Wenn die Bürger in Nieder-Olm am 22. März ihren neuen Bürgermeister wählen, will auch Roberto Kiefer auf dem Wahlzettel stehen. Da er AfD-Mitglied ist, könnte dieser Plan nun scheitern. Gegenüber der Jungen Freiheit sagte Kiefer: „Das kommt einem Parteiverbot gleich.“ Trotzdem will er versuchen, seine Wählbarkeit bei der Kreisverwaltung zu beantragen.

Die Verfassungstreuebelehrung, deren Bestandteil die Extremismusliste ist, enthält zudem eine weitreichende Rechtsfolge: Verstöße gegen die Treuepflicht oder falsche Angaben können laut Dokument „mit der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung“ geahndet werden. Selbst nachträgliche Erkenntnisse über frühere Mitgliedschaften können „mit einer Anfechtung des Arbeitsverhältnisses“ verbunden sein. Damit entfaltet die Einstufung unmittelbare Wirkungen weit über Wahlverfahren hinaus.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partner-Portal NiUS erschienen.