Analyse: So könnte Wladimir Putin tatsächlich Atomwaffen gegen die Ukraine einsetzen
Europa ist besorgt, deutsche Medien diskutieren bereits die nächste Eskalationsstufe – den Einsatz russischer Nuklearwaffen gegen die Ukraine. Es wären vermutlich taktische Atomwaffen. Allerdings haben die USA wiederholt gewarnt, dass dies „katastrophale Konsequenzen“ für Russland hätte.
Die Welt blickt mit großer Sorge auf den Krieg in der Ukraine. Denn zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, als die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen, könnte es in den nächsten Wochen zum Einsatz von Nuklearwaffen in einem Krieg kommen.
Geht es nach den Worten von Kreml-Chef Wladimir Putin sei Russland, die größte Atommacht der Welt, im Ukraine-Krieg nun dazu bereit. Vergangene Woche sagte er düster: „Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, zum Schutz Russlands und unseres Volkes, benutzen wir unbedingt alle uns zur Verfügung stehenden Mittel.“ Nachsatz: Dies sei „kein Bluff“. Laut Militärexperten sind unterschiedliche Szenarien eines Einsatzes von Nuklearwaffen vorstellbar.
Taktische Atombomben könnten zum Einsatz kommen
Die Experten gehen davon aus, dass Moskau im Ernstfall eine oder mehrere taktische Atomwaffen einsetzen könnte. Dabei handelt es sich um Waffen mit einer Sprengkraft zwischen 0,3 und 100 Kilotonnen. Ihre Zerstörungskraft würde die Bomben von Hiroshima und Nagasaki sogar überschreiten.
Ein Vergleich aus der Gegenwart: Der größte strategische Sprengkopf der USA hat eine Sprengkraft von 1,2 Megatonnen, Russland wiederum testete 1961 eine 58-Megatonnen-Bombe. Diese strategischen Atomwaffen können ganze Regionen dem Erdboden gleichmachen. Anders die viel kleineren taktischen Bomben: Sie haben eine begrenzte Wirkung auf dem Schlachtfeld. So können sie etwa Militärbasen, Bataillone, Infrastruktureinrichtungen zerstören. Doch auch diese kleineren Nuklearsprengsätze könnten verheerend sein: Die Atombombe, die auf Hiroshima abgeworfen wurde, hatte „nur“ 15 Kilotonnen.
Will Moskau Kiew mit einer Atombombe zur Kapitulation zwingen?
Russland könnte einen taktischen Atomsprengsatz hoch über der Ukraine oder über dem Schwarzen Meer zur Explosion bringen, schreibt James Cameron vom Oslo Nuclear Project in der Washington Post. Auch ein Abwurf auf spärlich besiedeltes Gebiet oder eine Militäreinrichtung sei denkbar – mit dem Ziel, Kiew zur Kapitulation zu bewegen und seine Verbündeten zu spalten.
Allerdings: Bislang haben die USA keine Bewegungen von Atomwaffen auf Seiten Russlands beobachtet. Sollte es aber dennoch einen russischen Atomschlag gegen die Ukraine geben, ist die mögliche Reaktion des Westens darauf noch ungewiss. Zwar wollen die USA und die Nato keinesfalls als schwach erscheinen. Andererseits wollen sie um jeden Preis verhindern, dass der Krieg in der Ukraine sich zu einem globalen Atomkrieg ausweitet. Zur Erinnerung: Die Ukraine ist kein Nato-Mitglied.
Die USA setzen ihr atomares Gewicht ein, um Russland einzuschüchtern
Die US-Regierung ist seit Beginn der russischen Invasion bemüht, eine Eskalation zu verhindern. Wie die Washington Post berichtete, versuchen die USA immer wieder auch durch private Botschaften an Vertreter Russlands, Moskau von einem Einsatz von Nuklearwaffen abzubringen.
US-Außenminister Antony Blinken schlug zuletzt aber scharfe Töne an: Ein Atomwaffeneinsatz Russlands hätte „katastrophale Konsequenzen“. Die US-Regierung habe Moskau deutlich gemacht, dass es „das Geschwätz über Atomwaffen lassen soll“. Blinkens Sprecher Ned Price schlug in dieselbe Kerbe: „Wir haben den Russen (über mögliche Konsequenzen) nicht den Hauch eines Zweifels gelassen.“ Die US-Regierung meint es ernst, so Price. Von Seiten der USA ist es also offenbar auch „kein Bluff“. Bleibt nun abzuwarten, was bei diesem Nervenkrieg rauskommt.
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