In einem Brief an Emmanuel Macron wirft der israelische Premier dem französischen Präsidenten vor, den Antisemitismus in Frankreich zu befeuern. Der Grund: Frankreich plant, weniger als zwei Jahre nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023, die Anerkennung eines Palästinenserstaats. Das sei „keine Diplomatie, sondern Beschwichtigung“, kritisiert Netanjahu – und belohne den Terror der Hamas, während Geiseln noch in deren Hand sind.

Netanjahu setzt eine klare Deadline: Bis zum jüdischen Neujahr am 23. September müsse Paris „Schwäche durch Handeln ersetzen“ und endlich entschlossen gegen den steigenden Judenhass im Land vorgehen – statt nur symbolische Gesten zu setzen.

Netanjahu hält Macron eine Symbolpolitik der Schwäche vor, die nichts zu einem Palästinenserstaat beiträgt, dafür die Islamisten stärkt. APA/AFP/GPO

Paris reagiert beleidigt

Die Reaktion aus dem Élysée-Palast kam prompt und scharf zurück: Der Vorwurf Netanjahus sei „abstoßend“ und „falsch“. Frankreich schütze seine jüdischen Bürger und brauche „keine Lektionen“ im Kampf gegen Antisemitismus. Kurz gesagt: Macron lässt sich nicht belehren – schon gar nicht von Netanjahu.

Netanjahu sieht die geplante Anerkennung mitten im Gaza-Krieg als fatales Signal, das Islamisten stärkt und den Druck auf die Hamas, Geiseln freizugeben, schwächt. Macrons Anerkennung sei vor allem innenpolitische Symbolpolitik – auf Kosten der Sicherheit. Kurz: Es geht um Realpolitik gegen Oberlehrer-Attitüde, um Sicherheit gegen politische Pose.

Alarmierende Zunahme des Antisemitismus

Besonders brisant: Seit Macrons Ankündigung, den palästinensischen Staat anzuerkennen, hat der Antisemitismus in Frankreich „angesichts der Lage in den Straßen“ deutlich zugenommen, warnt Netanjahu. Das ist ein alarmierendes Signal aus dem Land, das als demokratische Schutzmacht der größten jüdischen Gemeinschaft Europas gilt.

Netanjahu warnt, Frankreich gieße mit seiner Anerkennungsabsicht „Öl ins antisemitische Feuer“.

Kein Appeasement in Ungarn: Ministerpräsident Viktor Orban (l.) empfing kürzlich Netanjahu und ignorierte bewusst den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs.APA/AFP/Attila KISBENEDEK

Frankreichs: Appeasement trotz wachsender Gefahr

Frankreich ringt seit Jahren mit importiertem und islamistischem Antisemitismus. Jüdische Gemeinden leben im Alarmmodus. Viele westliche Politiker reagieren verängstigt und fürchten gleichzeitig um Wählerstimmen in von islamistischen Milieus beeinflussten Vierteln.

Die Folge: Appeasement-Politik – die in Osteuropa bemerkenswert weniger ausgeprägt ist. Netanjahus klare Botschaft an Macron: Taten gegen Judenhass, statt große Worte über Staatlichkeit.

Der französische Präsident, der sich nichts sagen lassen will, ist selbst kein unbeschriebenes Blatt im Anti-Israel-Kurs: Er forderte wiederholt Waffenembargos gegen Israel, kritisierte israelische Militäroperationen scharf und verfolgt eine Nahostpolitik, die Frankreich als moralischen Lehrmeister positionieren will.