Ein Briefkuvert mit politischem Sprengsatz? Christian Ebner, Spitzenkandidat der Freisinnigen in Wien-Landstraße, hat eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Im Fokus: Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und die Stadt Wien. Der Vorwurf: Öffentliche Mittel seien eingesetzt worden, um die Briefwahl frühzeitig, flächendeckend und massiv zu bewerben – zum Vorteil der Regierungsparteien. Der damit verbundene Aufwand sei völlig überzogen gewesen und komme einer verdeckten Wahlmanipulation gleich.

Die Stadt schweigt bisher. Die Justiz prüft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Alle Wiener Haushalte erhielten Wahlkarten-Anträge per Post – schon 40 Tage vor der Wahl. Dazu Ebner: „Eine amtliche Wahl-Mitteilung wäre ausreichend gewesen.“Christian Ebner/Screenshot

Die Briefwahl – ein System für Ausnahmefälle

Die Briefwahl wurde in Österreich 2007 per Verfassungsänderung eingeführt – als Hilfe für jene, die am Wahltag verhindert sind. Erstmals genutzt wurde sie bei der Nationalratswahl 2008. Seither kann jeder ohne Angabe von Gründen eine Wahlkarte beantragen – für eine Stimmabgabe per Brief aus dem In- und Ausland.

Doch aus einem Instrument für Auslandsösterreicher und Erkrankte ist ein parteipolitisches Werkzeug geworden, behauptet Ebner.

Mit dabei: ein persönliches Schreiben des Bürgermeisters – also eigentlich Wahlwerbung?Christian Ebner/Screenshot

„Wahltaktischer Vorteil für SPÖ und NEOS“

„Die kostenintensive Bewerbung der möglichst frühzeitigen Briefwahl durch die Stadt Wien nützt weder dem Wähler noch der Demokratie, sondern ausschließlich der SPÖ und den NEOS“, sagt Ebner gegenüber dem exxpress. Die Kampagne startete rund 40 Tage vor dem Wahltag – zu einem Zeitpunkt, als die kritische Auseinandersetzung mit der Stadtregierung durch die Mitbewerber noch gar nicht begonnen hatte. Das sei nicht nur unüblich – die „aggressive Bewerbung“ zu einem derart frühen Zeitpunkt sei aus seiner Sicht sogar einmalig.

Profitiert hätten ausschließlich die beiden Regierungsparteien. Ein so früher Start der Briefwahl benachteilige alle anderen Parteien – besonders jene, die erst spät öffentliche Aufmerksamkeit erlangen, so Ebner.

Halbseitiges Briefwahl-Inserat in TageszeitungChristian Ebner/Screenshot

Das steht in der Anzeige

In seiner Sachverhaltsdarstellung listet Christian Ebner mehrere Maßnahmen auf, die aus seiner Sicht einen Missbrauch öffentlicher Mittel darstellen – für einen Aufwand, der weit über das übliche Maß hinausgehe. „Ein Hinweis in einer amtlichen Wahl-Mitteilung wäre ausreichend gewesen“, sagt er.

Doch dabei beließ es die Stadt nicht. Stattdessen wurde massiv geworben – unter anderem durch:

Briefwahl-Inserate in Tageszeitungen ab Mitte März,

ein flächendeckendes Anschreiben samt Wahlkartenantrag und Foto von Bürgermeister Ludwig,

43 „Wahlkarten-Türme“ mit Briefkästen an belebten Orten – laut Post AG von der Stadt finanziert,

das Titelblatt der April-Ausgabe von Mein Wien mit einem dieser Türme,

sowie die prominente Bewerbung der Briefwahl-Option auf der Website wien.gv.at.

Wahl-Türme statt Wahlkabinen? 43 Stück von ihnen wurden aufgestellt. „Was für ein überzogener Aufwand“, findet Ebner.Christian Ebner/Screenshot

Gratiswahlkampf in Stadtzeitung?

Auch Mein Wien steht im Zentrum der Kritik. Laut Ebner habe die April-Ausgabe „offensichtlich den Charakter einer Wahlkampfbroschüre für die Stadtregierung“ gehabt. Hinweise auf die Phase der Unterstützungserklärungen – in der neue Parteien ihren Wahlantritt sichern konnten – hätten hingegen völlig gefehlt: „Keine Briefe, keine Information, keine Kampagne“, so Ebner. „Wenn die Stadtregierung Demokratie fördern wollte, hätte sie hier aktiv informieren müssen.“

Für Ebner ist klar: Das ist nicht Information, das ist eine verkappte Wahlkampfbroschüre – für die Stadtregierung und die Briefwahlstimmen.Christian Ebner/Screenshot

Der Vorwurf: Untreue

Ebners Hauptvorwurf: Die Stadt habe sich ihres Vermögens bedient, um den Stimmenanteil der Regierungsparteien auf manipulativen Weg zu sichern. „Das könnte den Tatbestand der Untreue erfüllen“, meint er. Seine Prognose: „SPÖ und NEOS werden bei der Briefwahl überdurchschnittlich gut abschneiden – weil sie sich den Vorteil erkauft haben. Und der Anteil der Briefwähler wird diesmal deutlich höher sein.“ Man wird sehen.

Die Stadt Wien hat auf Anfrage des eXXpress bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme abgegeben. Auch bleibt offen, ob SPÖ und NEOS einen Teil der Kosten übernommen haben – oder ob sämtliche Ausgaben von der Stadt getragen wurden.

Ein mögliches Argument für den frühen Start: Wahlkarten müssen rechtzeitig beantragt und verschickt werden, die Stimmen bis spätestens 17 Uhr am Wahltag bei der Bezirkswahlbehörde einlangen. Doch 40 Tage vor der Wahl zu starten – und das mit solchem Aufwand – ist ungewöhnlich.

Ein Ermittlungsverfahren wurde bislang nicht eröffnet. Auch hier gilt: Man wird sehen.

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Kommentare

  • Hans sagt:

    Wieder eine sinnlose Anzeige die nichts bringen wird.
    Sorry liebe FPÖ-Wähler, aber die FPÖ wird in Wien nie regieren. Und die FPÖ wird auch nie den Kanzler stellen..

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    1. Reaumir sagt:

      Wien ist nur mehr von aussen zu retten.

  • MichaelK sagt:

    Die Briefwahl dürfte tatsächlich nur für Auslandsösterreicher ermöglicht werden. Alle anderen können/sollen sich zu ihrem Wahllokal begeben.
    So viel wird denen ja die Demokratie wert sein… oder doch nicht ?

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  • Susan sagt:

    Die einst anständigen Politiker haben solche Nachfolger nicht verdient….

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  • Reini sagt:

    Ich glaube nicht, dass sie zumindest beim forcieren der Briefwahl total versagt haben, das hat seit Einführung dieser unseligen Möglichkeit seine Stimme zu übermitteln System und wurde ganz bewußt eingeführt (Häupl meinte mal: “mit allen Mitteln”!). Ich wähle einzig per Brief und das erst einmal, wenn ich wirklich auf Urlaub bin. Im übrigen gewinnt nie der Wähler, sondern stets der Zähler!

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    1. HC-Frust sagt:

      Das sagte bereits Stalin, also ein Freund von Babler:
      Man muss nur den kennen, der auszählt!

  • Nasowas sagt:

    Briefwahl verbieten, weil zu leicht manipuliert werden kann.
    War bei Hofer VdB genauso.

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  • Ihr habt dieses Land an die Wand gefahren sagt:

    Mein Dank geht an die SPÖ, ÖVP, Grüne und guter Letzt an die Neos. DANKE für euer Totalversagen. Ihr habt unser schönes Österreich an die Wand gefahren. NOCHMALS DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE

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  • Ihr habt dieses Land an die Wand gefahren sagt:

    Mein Dank geht an die SPÖ, ÖVP, Grüne und guter Letzt an die Neos. DANKE für euer Totalversagen. Ihr habt unser schönes Österreich an die Wand gefahren. NOCHMALS DANKE DANKE DANKE DANKE DANKE

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  • Gretl sagt:

    Wahl snfechten wenn es so wäre.Wahlbertrug ist kein Kavaliersdelikt.

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    1. HC-Frust sagt:

      Aber in Österreich seid der EU-Abstimmung Gewohnheit!

      Eva Schütz, für sie ist also Wahlbetrug ein Recht der 4er Einheitspartei?
      Natürlich, ehrliche Wahlen sind für den Exxpress ein kritischer Fehler!

  • Grenzwert sagt:

    Bundesministerium für Inneres:
    “Transparency International listete Österreich in dem am 11. Februar 2025 veröffentlichten Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) auf den 25. Platz von insgesamt 180 teilnehmenden Ländern.”
    Einen Tag vor der Wahl wird öffentlich gemacht, dass (das Rote) Wien wieder einmal einen Sonderweg geht, diesmal die Wahlwerbung betreffend. So what.
    Wollte das vorher niemand wissen? Ich sage bereits seit ein paar Jahren, dass internationale Wahlbeobachter höchst angebracht sind!

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    1. HC-Frust sagt:

      Woher sollen die kommen?
      Grüne und Rote aus Deutschland. Oder gleich die v.d.Leyen?
      Da ist für mich Herr Putin und Herr Trump vertrauenswürdiger!

  • foobar sagt:

    Jeder kann eine Briefwahlkarte beantragen und damit wählen, wie er will.
    Ich sehe da keine Bevorzugung in irgendeine Richtung.

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    1. jopc sagt:

      Weil eben JEDER eine Briefwahl beantragen kann, auch derjenige der am Wahltag zu faul ist um seinen Hintern von der Couch hochzukriegen.
      Dabei erfüllt diese ‘Briefwahl’ mindestens 3 der 5 Wahlerfordernisse nicht.

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