Es geschah am helllichten Tag. Am 9. November 2023, 13:31 Uhr, näherte sich ein Motorradfahrer in der spanischen Hauptstadt seinem Ziel näherte: Alejo Vidal-Quadras, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Parlaments, stand zu diesem Zeitpunkt auf offener Straße. Plötzlich krachte ein Schuss – die Kugel traf den 80-Jährigen mitten ins Gesicht. Nur das schnelle Eingreifen von Augenzeugen und Rettungskräften rettete ihm das Leben.

Wochenlang observiert – minutiös vorbereitet

Wie nun bekannt wird, war der Anschlag Teil eines akribisch geplanten Komplotts. Eine Gruppe von Attentätern soll den Politiker wochenlang ausspioniert haben. Sie mieteten Wohnungen an, beschafften sich Telefone, Geld, Überwachungstechnik – und organisierten die Flucht. Ziel: Ein Mord, der wie ein Einzelfall wirken sollte.

Tatort Madrid: Ermittler sichern Spuren wenige Stunden nach dem Anschlag auf den Vox-Politiker Alejo Vidal-Quadras. APA/AFP/OSCAR DEL POZO

Acht Verdächtige, internationale Verbindungen

Die Ermittlungen liefen monatelang im Hintergrund. Erst kürzlich erhob der Nationale Gerichtshof Spaniens Anklage gegen acht Personen. Darunter: Mehrez Ayari – ein Mann, der später in den Niederlanden festgenommen wurde. Laut Ermittlungen plante er dort bereits das nächste Attentat – ebenfalls auf einen Exil-Iraner.

Exklusivbericht der „Welt“: Anklageschrift enthüllt brisante Details

Wie die Welt exklusiv berichtet, geht aus der Anklageschrift hervor, dass der Mordversuch an Vidal-Quadras kein Zufall war, sondern Teil eines gezielten Komplotts. Die Täter seien Teil einer international agierenden Gruppe, die offenbar im Auftrag eines ausländischen Staates handelt – und deren Ziel: Kritiker eines bestimmten Regimes im Ausland zu eliminieren.

Die Spur führt nach Teheran

Laut den Recherchen der Welt war das Motiv eindeutig: Vidal-Quadras gilt als Unterstützer der iranischen Widerstandsgruppe „Volksmudschaheddin“ – und stand auf einer offiziellen Feindesliste des Regimes. Sein Name ganz oben. Die Geheimdienste in Europa, darunter der niederländische, sehen die Drahtzieher klar in Teheran.

Alejo Vidal-Quadras im Jahr 2014 bei einer Veranstaltung der rechtskonservativen Partei Vox, deren Mitgründer er ist. APA/AFP/LLUIS GENE

Offene Drohungen nach dem Anschlag

Nur wenige Tage nach dem Attentat veröffentlichte die iranische Nachrichtenagentur Fars eine beunruhigende Warnung: Länder, die Gruppen wie die Volksmudschaheddin beherbergen, müssten mit „ernsten Konsequenzen“ rechnen. Für viele Beobachter ein indirektes Schuldeingeständnis.

Alte Taktik, neues Ziel: Europäischer Spitzenpolitiker im Visier

Zwar gab es bereits zahlreiche Anschlagsversuche gegen iranischstämmige Regimegegner in Europa – etwa in den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und Frankreich. Doch der Fall Vidal-Quadras ist anders: Zum ersten Mal wurde ein nicht-iranischer, europäischer Spitzenpolitiker zum Ziel. Das bedeutet: Teherans Killertrupps machen vor Herkunft und Pass längst nicht mehr halt.

Bei einer Pressekonferenz in Madrid stellte sich Vidal-Quadras den Fragen der Medien. APA/AFP/Thomas COEX

Kritik an Europas Reaktion

Vidal-Quadras selbst warnt gegenüber der Welt vor dem europäischen Schweigen. Der Westen lasse sich durch Geiselnahmen und Erpressung einschüchtern – etwa wie im Fall Belgiens, wo ein wegen Terrorplänen verurteilter iranischer Diplomat gegen einen in Teheran festgehaltenen Belgier ausgetauscht wurde.

„Das ist ein fataler Fehler“, sagt Vidal-Quadras. „Wenn man sich einmal erpressen lässt, wird man immer zur Zielscheibe. Der Westen wirkt schwach, und das motiviert solche Regime, weiterzumachen.“

Forderung nach Konsequenzen

Der Politiker fordert nun:

Die Einstufung der Revolutionsgarden als Terrororganisation (wie in den USA und Kanada)
Die Schließung aller iranischen Botschaften in Europa
Eine konsequente Unterstützung der iranischen Opposition
Ein Ende der Appeasement-Politik

Teheran versucht offenbar, Kritiker weltweit auszuschalten. Europa wird zur Bühne eines gefährlichen Spiels.