Aufregung um ORF, Herrn Kratky und seinen 288-Euro-Stundenlohn
Ö3-Wecker Robert Kratky verdient beim ORF angeblich 450.000 Euro und ist damit nur der prominenteste Top-Verdiener auf Gebührenzahler-Kosten. Das sorgt seit Tagen für hitzige Diskussionen, die ORF-General Roland Weißmann als “Neiddebatte” abgetan hat. Eine Fehleinschätzung, der Sender-Boss nimmt in diesem Fall seine Kundschaft offenbar nicht ernst.
Robert Kratky führt die Top-Verdiener-Tabelle beim ORF an, die zuerst von oe24.at präsentiert wurde, inzwischen zirkuliert und am Dienstag auch von den Verantwortlichen am Küniglberg selbst online gestellt werden soll. Bislang unwidersprochen verdient der Chefsprecher des Ö3-Weckers demnach 450.000 Euro (brutto) im Jahr.
Kratky selbst hat einst in den sozialen Medien seinen Arbeitstag für den öffentlich-rechtlichen Sender beschrieben, wonach er in Krems um 3.30 Uhr aufstehen muss, damit er es nach dem Genuss von einem Liter Kaffee pünktlich ins entfernte Wien-Hietzing schafft. Vier Stunden am Tag geht der mit Abstand bekannteste und beliebteste Radiomann des Landes dann auf Sendung. Mit Vor- und Nachbesprechungen mögen es wohlwollend gerechnet sechs Stunden pro Arbeitstag sein, die der Moderator beim ORF verbringt.
Bei durchschnittlich 260 Arbeitstagen pro Jahr kommt Kratky so auf einen Stundenlohn von brutto 288 Euro. Die Rechnung hinkt allerdings ein wenig. Der Ö3-Wecker ist freier Dienstnehmer, auf bestimmte Privilegien muss er verzichten. Ein richtiger Freiberufler ist er allerdings auch nicht. Natürlich nutzt Kratky die komplette Infrastruktur des ORF.
Der Kanzler verdient pro Stunde nicht mal die Hälfte von Kratky
Zum Vergleich: Bundeskanzler Karl Nehammer verdient im Jahr angeblich 334.000 Euro. Der ÖVP-Politiker arbeitet minimum zwölf Stunden am Tag, freie Wochenenden sind selten. Bei ebenfalls 260 Arbeitstagen pro Jahr käme der ÖVP-Politiker damit auf einen Stundenlohn von (brutto) 107 Euro. Ein deutlicher Unterschied zu Kratky. Der sich noch vergrößert. Während beim Radio-Moderator der zeitliche Aufwand hochgegriffen ist, werden bei Nehammer noch mehr Arbeitsstunden anfallen.
Dass ein ORF-Moderator mehr verdient als der Kanzler kann man “obzön” empfinden, wie dies der Kommentator der “Krone” tat. Dass man eine Diskussion darüber als “Neiddebatte” abtut, wie dies ORF-General Weißmann getan hat, darf man als den ersten groben Schnitzer in der noch jungen Amtszeit des ORF-Chefs werten. Denn: Für die zahlende Kundschaft ist es legitim, erstens nach dem Nutzen und zweitens nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis eines Produktes zu fragen. Gerade dem Zwangsseher des Öffentlich-Rechtlichen steht das zu.
Wer braucht eine ORF-Landesintendantin um 200.000 Euro?
Das hat mit Neid, also einer destruktiven Missgunst, nichts zu tun. Niemand missgönnt einem Robert Kratky persönlich sein Gehalt. Und selbst der Anchorman der ZIB 2, Armin Wolf, der mit Vorliebe den eXXpress beflegelt, soll seine 248.000 Euro verdienen. Die grundsätzliche Frage nach der Verhältnismäßigkeit, nach der Kosten-Nutzen-Rechnung, muss jedoch gestattet sein. Zumal von denjenigen, die das Entgelt aufbringen müssen. Das sind nun einmal in der Hauptsache die Gebührenzahler.
Was übrigens auch für das Hinterfragen weiterer Top-Positionen beim ORF gilt. Die entscheidende Frage ist nicht, ob eine vergleichsweise junge Intendantin einer Landesfunkanstalt 200.000 Euro im Jahr verdienen muss. Die richtige Frage lautet, ob es im Jahr 2024 und in Zeiten moderner Kommunikation überhaupt ein Landesstudio in der Struktur von 1970 mit eigener Intendanz braucht? Oder, ob diese kostspieligen Wasserköpfe einzig der Eitelkeit von Landeshauptleuten geschuldet sind, die ihr eigenes Verlautbarungsorgan verteidigen?
Schwierige Fragen, die der Gebührenzahler zu Recht stellt. ORF-General Roland Weißmann hat in seinen ersten beiden Jahren mehr bewegt, als manche Vorgänger in ihrer gesamten Amtszeit. Er ist auf einem guten Weg. Mit seiner “Neiddebatte” ist er allerdings falsch abgebogen.
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