Außenminister Schallenberg: "Völlige Abkoppelung von Russland illusorisch"
Außenminister Alexander Schallenberg hält eine völlige Abkoppelung Europas von Russland für “illusorisch”. Man müsse die “Kirche im Dorf lassen”, denn: “Dostojewski und Tschaikovski bleiben ein Teil der europäischen Kultur, ob es uns gefällt oder nicht”.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zufolge wird Russland auch in Zukunft eine Rolle für Europa spielen. Eine völlige Abkoppelung in allen Bereichen sei illusorisch, sagte Schallenberg in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters in Wien. “Russland wird nicht vom Globus verschwinden und weiterhin unser größter Nachbar sein. Dostojewski und Tschaikovski bleiben ein Teil der europäischen Kultur, ob es uns gefällt oder nicht”.
"Nur neun Prozent der westlichen Unternehmen haben sich aus Russland zurückgezogen"
Zudem verteidigte der Minister die Raiffeisen Bank International (RBI), die derzeit wegen ihrer Russland-Geschäfte im Fokus steht. “Ich glaube, man sollte hier die Kirche im Dorf lassen”, sagte Schallenberg. “Nur neun Prozent der westlichen Firmen haben sich aus Russland zurückgezogen, 91 Prozent sind noch dort und machen das, was in der Lage sinnvoll ist: Abwarten”. Ein Unternehmen aus vielen hunderttausend herauszupicken, sei nicht zielführend, sagte er.
Ukraine fordert Raiffeisen-Rückzug aus Russland
Österreichs zweitgrößtes Geldhaus prüft seit über einem Jahr alle strategischen Optionen für sein Russland-Geschäft bis hin zu einem Ausstieg. Druck, sich aus dem Land zurückzuziehen, kommt vor allem von der Ukraine. Die RBI ist aber auch ins Visier der US-Sanktionsbehörde OFAC geraten, die von der Bank die Beantwortung umfangreicher Fragen unter anderem zu ihrem Russland-Geschäft verlangt. Schallenberg bezeichnete das Vorgehen der US-Behörde als “völlig legitim”. Wichtig sei ihm allerdings, dass sich alle österreichischen Unternehmen “ohne wenn und aber” an die EU-Sanktionen halten, betonte der Minister. Er gehe aber davon aus, dass die RBI diese einhalte.
Ein Rückzug aus Russland sei allerdings nicht Teil der Sanktionspolitik. “Da werden Forderungen gestellt, die weit über das hinausgehen, was Teil der amerikanischen oder europäischen Sanktionen ist”, sagte Schallenberg und verwies darauf, dass auch die Bank of America oder die UniCredit in Russland präsent seien. “Die Liste ist ein ‘who is who’ der westlichen Bankenwelt”. Er selbst sei jedoch noch in keinem Gespräch, weder von amerikanischer, noch von einer anderen Seite, zu einem möglichen Rückzug der RBI aus Russland angesprochen worden.
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