Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) jubelt über die eingeführte Mietpreisbremse, Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) preist Wien als sicheren Hafen für Mieter. Doch während die Politik die „Nullrunde“ bei den Nettomieten feiert, schraubt die Stadt Wien zeitgleich an den kommunalen Gebühren. Ergebnis: Die Bruttomiete steigt – und damit genau jene Kosten, die am Monatsende tatsächlich vom Konto abgebucht werden.

5,9 Prozent mehr für Wasser, Müll & Co.

Seit 1. Jänner 2025 zahlen Wiener Haushalte für Wasser, Abwasser, Müllentsorgung und Parken 5,9 Prozent mehr. Die Wiener Stadtregierung verkaufte das als „automatische Valorisierung“. Faktisch bedeutet es: Die Betriebskosten steigen – und diese sind umlagefähig. Für die meisten Mieter summiert sich das schnell.

Schon 2023 ging es nach oben

Bereits 2023 waren die durchschnittlichen Betriebskosten in Wien kräftig gestiegen – auf 2,52 Euro pro Quadratmeter und Monat, ein Plus von 6,4 Prozent im Vergleich zu 2022. Treiber waren Aufzugskosten, Verwaltung, Müll und Wasser bzw. Abwasser. Mit der jüngsten Gebührenanhebung setzt die Stadt 2025 den nächsten Haken nach oben.

Bruttomieten steigen weiter

Die Sozialdemokratie inszeniert sich gleich doppelt. Auf Bundesebene vermarktet Vizekanzler Andreas Babler die Mietpreisbremse für 2025 bis 2027 als „Bremsanker gegen die Teuerung“. Im regulierten Bereich gilt heuer eine Nullrunde, für 2026 und 2027 eine gedrosselte Anpassung. Zudem sollen ab 2026 neue Regeln für den freien Mietmarkt und längere Befristungen gelten.

In der Stadt Wien stellte Bürgermeister Michael Ludwig in einer Videoansprache am 9. November 2023 klar: Die Gemeindemieten steigen zwei Jahre lang nicht. Rund 370.000 Mieter sind betroffen. Auch für Studenten- und Lehrlingsheime mit städtischer Förderung gibt es seit 2024 einen Preisdeckel. In Rathaus-Reden und offiziellen Aussendungen präsentierte Ludwig dieses „Wiener Modell“ als internationales Vorbild für leistbares Wohnen.

Das politische Resultat sieht anders aus: Offiziell heißt es „Mietpreisbremse“, in der Realität steigt aber die Bruttomiete.

Opposition spricht von „Gebührenschraube“

Wiener ÖVP und FPÖ gehen auf die Barrikaden. Sie kritisieren die „Gebührenschraube“ und fordern ein Ende der automatischen Valorisierungen. Auch die Wirtschaft schlägt Alarm: Politisch gedeckelte Nettomieten bei gleichzeitig steigenden Kosten für Gebühren, Löhne und Sanierungen bremsen Investitionen. Die Befürchtung: Weniger Sanierungen, weniger Neubau – und am Ende eine noch größere Wohnungsknappheit mit steigenden Preisen.

Was wirklich zählt: die Bruttomiete

Für Mieter ist nicht entscheidend, was politisch auf Plakaten glänzt, sondern was am Monatsende abgebucht wird: die Bruttomiete inklusive Betriebskosten. Dort schlagen Wasser, Müll, Versicherung, Hausreinigung – und neuerdings auch Parkgebühren – voll durch.

In Wien bedeutet fast jede Gebührenerhöhung höhere Monatsbelastungen für Mieter. Nur in Ausnahmefällen (echte Pauschalmieten ohne Indexierung) bleiben die Mehrkosten beim Vermieter:

Wo Mieter zahlen – und wo nicht

Direkt beim Mieter spürbar

Normalfall (MRG/WGG, Wien): Betriebskosten wie Wasser, Abwasser/Kanal, Müll, Grundsteuer, Versicherung und Verwaltung sind umlagefähig. Steigen diese Posten (z. B. durch Gebührenvalorisierung), steigt automatisch die Bruttomiete.

Gemeindebau & geförderte Wohnungen: Der Mietenstopp betrifft nur den Hauptmietzins, nicht die Betriebskosten. Auch hier steigen die Vorschreibungen.

Freifinanzierte Mietwohnungen (Teilanwendungsfälle): Betriebskosten werden fast immer weiterverrechnet – geregelt im Mietvertrag.

Sonderfälle / teils, teils

All-in-Mieten / Pauschalmiete: Betriebskosten sind im Gesamtbetrag enthalten. Steigen sie, zahlt der Vermieter – aber: Mit Indexklausel wird die Gesamtmiete trotzdem teurer. Nur ohne Wertsicherung bleiben die Mehrkosten beim Vermieter.

10-%-Regel: Begrenzt nur die Höhe der monatlichen Akonti (Vorjahr + max. 10 %). Jahresnachzahlungen sind trotzdem möglich.

Nicht automatisch betroffen

Heiz- und Warmwasserkosten: Haben eigene Regeln (HeizKG), werden verbrauchsabhängig abgerechnet – separat von den „klassischen“ Betriebskosten.