Baut Von der Leyen heimlich einen EU-Geheimdienst auf? Prof. Kerber warnt
Verfassungsjurist Prof. Markus C. Kerber erhebt auf exxpressTV schwere Vorwürfe gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Unter dem Vorwand, „Desinformation“ zu bekämpfen, schaffe sie eine Art EU-Nachrichtendienst. Brüssel nutze den Ukraine-Krieg zur Machtausweitung. Und die Mitgliedstaaten sehen tatenlos zu.
„Die EU darf sich nicht einfach neue Kompetenzen zuschreiben. Das hat Frau Von der Leyen nicht verinnerlicht“, kritisiert Prof. Markus C. Kerber.EXXPRESS/EXXPRESS
Dass Brüssel die eigenen EU-Verträge zunehmend ignoriert, gehört seit Jahren zu den Hauptkritikpunkten des Verfassungsjuristen und Europarechtsexperten Prof. Markus C. Kerber. Gegen die EU hat er bereits mehrere Verfahren geführt. Doch speziell unter Ursula von der Leyen gehe die Machtverschiebung in völlig neue Dimensionen, sagt er – und meint damit auch die jüngsten Berichte über einen EU-Nachrichtendienst, den die Kommissionspräsidentin plane.
In Wahrheit gehe es dabei um das „Informationszentrum für demokratische Resilienz“, das von der Leyen forciert. Offiziell soll es die EU-Staaten vor „undemokratischer Beeinflussung“ und „ausländischer Desinformation“ schützen.
Abwehr von Propaganda: „ausschließlich Aufgabe nationaler Dienste“
Kerber hält diese Begründung für einen Vorwand, um die Macht der Kommission auszuweiten. Denn eigentlich sei die Kommission bloß Hüterin der Verträge und zuständig für Binnenmarkt und Wettbewerb. „Und nun fühlt sie sich plötzlich dafür zuständig, die Willensbildung in den Mitgliedstaaten zu schützen – und nutzt diesen Vorwand, um ein eigenes, nicht geheimdienstähnliches, aber doch nachrichtendienstliches Zentrum aufzubauen.“
Der Schutz vor russischer oder sonstiger Propaganda sei selbstverständlich notwendig, sagt Kerber. Doch dieser liege ausschließlich in der Verantwortung der nationalen Nachrichtendienste. Dass Spione über Botschaften oder offene Informationskanäle operierten, lasse sich ohnehin nie ganz verhindern.
„Von der Leyen eignet sich Kompetenzen an, die die EU nicht besitzt“
Für den Gründungsdirektor des Instituts für Verteidigungstechnologie, Streitkräfteökonomik und Geopolitik liegt der Kern des Problems in einem strukturellen Machttrieb der Kommission und in Von der Leyen, die jede Krise zur Machtausweitung nutzt. „Sie scheint nicht verinnerlicht zu haben, dass die EU sich keine neuen Kompetenzen zuschreiben darf. Nachrichtendienstliche Tätigkeiten gehören definitiv nicht zu ihren Aufgaben.“
Stattdessen nutze Brüssel – wie schon in der Corona-Krise – auch den Ukraine-Krieg für eine stille, aber massive Machtverschiebung zugunsten der Kommission.
Die EU instrumentalisiert den Krieg – ohne demokratische Kontrolle
Der Krieg in der Ukraine biete der Kommission die „perfekte Gelegenheit“, neue Strukturen aufzubauen, Budgets auszudehnen und Einflusszonen zu verschieben. Während Brüssel sich als Hüterin der Demokratie inszeniere, entwickle die EU-Kommission längst ein Eigenleben, das sich der demokratischen Kontrolle durch die Mitgliedstaaten entziehe.
Dazu gehörten auch die EU-Militärhilfen für die Ukraine – und genau dort beginnt Kerbers zweite zentrale Kritik.
Milliarden nach Kiew – aber niemand kontrolliert, wohin sie fließen
Die EU müsste zumindest wissen, was mit den Milliarden passiert, die sie in die Ukraine pumpt. Sie überweise gewaltige Summen an ein Land, das seit Jahren mit massiver Korruption kämpft. Kerber nennt aktuelle Fälle im Justiz- und Energieministerium und erinnert daran, dass bereits der Europäische Rechnungshof vor der Invasion die Missstände kritisiert hat.
Selenskyj regiere über das Ende seines regulären Mandats hinaus und fordere dennoch unablässig neue Hilfen. Kerbers zentrale Frage lautet: „Wie kann ein Staat ohne funktionierende Kontrollmechanismen praktisch unbegrenzte Unterstützung aus Europa erwarten?“ Zudem sei die Ukraine militärisch und gesellschaftlich erschöpft.
Europäische Sozialstaaten finanzieren ukrainische Wehrdienstflüchtlinge
Viele junge Ukrainer sind nach Europa geflohen und beziehen dort Sozialleistungen – etwa in Deutschland. Für Kerber ein politisch und moralisch explosives Thema: Europa unterstütze die Ukraine militärisch – finanziere zugleich aber die „Wehrkraftentziehung“ durch ukrainische Männer, die sich der Einberufung entziehen. Die Folgen für die Kriegsfähigkeit der Ukraine seien gravierend.
Warum Russland im strategischen Vorteil ist
Russland verfüge über klare Befehlsketten, eine konsistente Strategie und enorme Produktionskapazitäten – mittlerweile auch bei Drohnen. Der Westen dagegen sei zersplittert und von nationalen Interessen geprägt: Deutschland zahle, habe aber keinen Einfluss. Polen dränge aus eigenen Motiven auf maximale Eskalation. Süd- und Westeuropa zeigen kaum Interesse am Konflikt.
Gleichzeitig sei die Verlässlichkeit der USA unter Trump fraglich. Europa sei weder strategiefähig noch geeint.
„Der Krieg ist auf Dauer nicht durchzuhalten“
Kerbers Bilanz fällt düster aus: Die EU ringe um jeden Kredit, die Eliten zeigten keine Fehlerbereitschaft, und die russische Zermürbungsstrategie wirke. Sanktionen hätten wenig gebracht.
Im Westen gebe es zudem starke Interessen, den Krieg fortzuführen: eine Rüstungsindustrie im Höhenflug, die EU-Kommission mit neuen Machtoptionen, sowie politische Akteure, die keinen Kurswechsel eingestehen können.
Rüstungskonjunktur im Westen – und Putins Zermürbungsstrategie
Kerber skizziert die Interessenlage nüchtern. Rüstungsaktien steigen rasant, die EU sieht seit Beginn des Krieges eine historische Chance zum Ausbau ihrer Macht, und manche Akteure im Westen hätten objektiv kein Interesse an einer schnellen Lösung.
Auf der Gegenseite produziert Russland Drohnen im Akkord, setzt seine Rekruten in großen Wellen ein und akzeptiert enorme Verluste. Die Infrastruktur der Ukraine wird gezielt zerlegt.
Das Ergebnis: Der Krieg verschiebt sich kaum – aber alle Seiten verhärten sich.
Ohne realistisches Angebot kein Waffenstillstand
Kerber spricht offen aus, was viele Regierungen vermeiden: Ein Waffenstillstand werde ohne territoriale Zugeständnisse kaum möglich sein. Gleichzeitig brauche es eine internationale Atempause – einen Zustand des Nicht-Kriegs.
Doch Brüssel könne diese diplomatische Rolle nicht übernehmen.
Zeit für europäische Eigenständigkeit – Wien als Verhandlungsplatz
Kerber fordert daher ein kleines, handlungsfähiges Format: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien – ein europäisches Verteidigungsdirektorium. Polen sei aufgrund seiner emotionalisierten Position schwer zu integrieren.
Einen überraschenden Ort nennt Kerber dennoch: Wien. Österreichs Neutralität sei politisch zwar zurzeit eine Fiktion, aber diplomatisch wertvoll. Wien habe eine lange Tradition als Konferenzort – und könnte Schauplatz eines europäischen Neustarts werden.
Europa am Scheideweg
Für Kerber steht fest: So wie bisher kann es nicht weitergehen. Weder Brüssel noch Washington werden Europa aus der Sackgasse führen. Die Mitgliedstaaten müssen die Kontrolle zurückholen – sonst werde die EU-Kommission weiter Macht an sich ziehen, nationale Parlamente schwächen und der Ukraine-Krieg Europa Schritt für Schritt ausbluten.
Kerber: „Die EU-Kommission ist längst Gegner der Mitgliedstaaten geworden – nicht ihr Partner.“
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