Die Fronten verhärten sich: Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Druck erhöht, eingefrorenes russisches Staatsvermögen in Höhe von rund 200 Milliarden Euro für die Ukraine nutzbar zu machen, stellt sich Belgien entschieden quer. Außenminister Maxime Prévot warnte in einem Interview mit Euronews vor massiven Risiken für die Finanzmärkte und die Glaubwürdigkeit des Euro.

Von der Leyen drängt auf Nutzung der Milliarden

Die EU-Spitze und Verbündete wie das Vereinigte Königreich wollen, dass Russland für seinen Angriffskrieg auch finanziell zur Verantwortung gezogen wird. Von der Leyen sagte vor wenigen Tagen in Estland: „Wir treiben auch die Arbeit an der Verwendung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte voran, denn es ist klar, dass der Aggressor für seine Taten bezahlen muss.“

Hintergrund: Nach dem Beginn des Krieges im Februar 2022 blockierte der Westen russische Vermögen in gigantischem Umfang. Ein Großteil davon – rund 200 Milliarden Euro – liegt im Brüsseler Finanzinstitut Euroclear.

Belgiens Außenminister Maxime Prévot (Bild): „Die Beschlagnahmung dieser Gelder ist für uns keine Option.“APA/AFP/Nicolas TUCAT

Prévot kontert: „Nicht wirklich eine Option“

Belgien, Heimatland des Finanzriesen Euroclear, winkt jedoch ab. Außenminister Prévot machte klar: „Ehrlich gesagt ist die Beschlagnahmung dieser russischen Staatsgelder für Belgien nicht wirklich eine Option.“

Der Grund: Die Gelder unterliegen strengen EU-Finanzmarktregeln. Eine einseitige Beschlagnahmung könnte nach Ansicht der belgischen Regierung fatale Konsequenzen haben.

Warnung vor globalem Vertrauensverlust

Prévot legte nach: „Das wäre ein sehr schlechtes Signal für andere Länder weltweit. Einige von ihnen haben auch Vermögenswerte, staatliche Vermögenswerte in Brüssel oder an anderen Orten in Europa.“

Sollten Investoren den Eindruck gewinnen, ihre Gelder seien in Europa nicht sicher, könnte das Vertrauen in den Euro nachhaltig erschüttert werden. „Die Auswirkungen würden das Vertrauen in den Euro untergraben“, erklärte der belgische Minister. Das Ergebnis wären „enorme negative Auswirkungen und systemische Folgen für die Glaubwürdigkeit der europäischen Finanzdienstleistungen“.

London schlägt Investmentfonds vor – Belgien lehnt ab

Auch alternative Modelle wie der britische Vorschlag, die Gelder in einen separaten Investmentfonds zu überführen, stoßen bei der belgischen Regierung auf Ablehnung. Prévot: „Voraussichtlich ist auch die Änderung der strategischen Investition der gegenwärtig in Brüssel eingefrorenen Vermögenswerte keine Option für Belgien, denn als wir die beiden Optionen analysierten, haben viele Experten das hohe Risiko sowohl in rechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht unterstrichen.“

Belgien legt sich quer: „Deshalb bringe ich zum Ausdruck, dass Belgien dieses Risiko nicht eingehen wird, und schon gar nicht allein.“