Die teuerste Armee — aber nicht auf dem neuesten Drohnen-Level. Große Kampfjets, Panzer und präzisionsgelenkte Raketen bilden das Rückgrat der US-Streitkräfte. Doch kleine, billige Quadcop­ter-Angriffs- und Aufklärungsdrohnen werden zur echten Gamechanger-Waffe. Aktuell werden sie im Ukraine-Krieg von beiden Seiten mit erschreckender Effizienz eingesetzt.

Warum das Problem brennt

Der Kern des Problems ist paradox: Die USA besitzen enorme industrielle Kapazität — aber nicht im kleinen, flexiblen Maßstab, der für Massen-FPV-Produktion nötig ist. Ukrainische Entwickler verwenden günstige Teile, iterieren ständig nach Frontfeedback und bringen binnen Monaten Anpassungen.

US-Marines testen in Camp Lejeune Angriffsdrohnen.IMAGO/Cover-Images

Amerikanische Systeme hingegen dürfen wegen Sicherheitsregeln keine chinesischen Komponenten enthalten — das treibt die Kosten hoch. Experte Soren Monroe-Anderson packt gegenüber CNN aus: US-Fertigung kann „buchstäblich 100 Mal teurer“ sein als die Beschaffung über internationale Lieferketten. Monroe-Anderson ist Mitgründer und CEO von Neros Technologies, einem jungen US-Startup, das sich auf FPV-Drohnen und unbemannte Luftsysteme für militärische Einsätze spezialisiert hat.

Mittlerweile kann Washington von Kiew lernen

Das macht die Ukraine für die USA wieder interessant, denn sie bietet nicht nur Daten und Videos – zehntausende Aufnahmen erfolgreicher Angriffe – sondern auch Praxiserfahrung. Mykhailo Fedorov, der stellvertretende Ministerpräsident, betont, dass die Ukraine „hochwertige Drohnen, hochwertige Daten und unser Fachwissen“ liefern könne – im Tausch gegen mehr Sicherheitshilfe.

Konventionelle Kriege ändern sich: In der Ukraine wurden Drohnen zum Gamechanger.GETTYIMAGES/Anton Petrus

Präsident Selenskyj ging sogar einen Schritt weiter: Beim White-House-Besuch schlug er ein 50-Milliarden-Programm zur gemeinsamen Lieferung und Produktion vor – fünf Jahre, jährlich zehn Millionen Drohnen.

Trainingsrevolution: Drohne als persönliche Waffe

Die Armee reagiert. Ein internes Schreiben von Verteidigungsminister Pete Hegseth signalisiert einen kulturellen Wandel: Mut zur Risikobereitschaft statt bürokratischer Verzögerung. Oberst Nick Ryan sagt offen, dass jede Einheit bis Haushaltsjahr 2026 „unbemannte Flugsysteme erhält“ — und dass Drohnen so alltäglich werden sollen wie Funkgerät oder Nachtsichtgerät.

US-Soldaten bereiten eine Aufklärungsdrohne für den Start vor: Die Armee muss bei UAVs aufholen.GETTYIMAGES/Ted Horowitz Photography

In Fort Bliss, Texas, üben amerikanische Soldaten jetzt die Basics: bauen, fliegen, reparieren, zuschauen — alles mit dem Ziel, eine Technologie zu meistern, die billig, schnell und tödlich ist. In Trainingszentren simulieren Soldaten FPV-Manöver, fliegen durch Reifen, üben das Eindringen in Panzerlüften und lernen, Drohnen im Feld zu reparieren. „Das hilft uns, IEDs im Voraus zu identifizieren“, erklärt Brigadegeneral Andy Kiser — Drohnen verändern also nicht nur den Angriff, sondern auch Schutz und Aufklärung.

Private Innovation vs. Pentagon-Tempo

Startups wie Neros und Branchenplayer wie Anduril reagieren schneller als traditionelle Rüstungsriesen. Andurils Präsident Chris Brose kritisiert die alte Beschaffungslogik: kostengünstige, autonome Systeme müssen „als das Gegenteil unserer traditionellen Fähigkeiten“ behandelt werden. Doch viele Hersteller brauchen Pentagon-Aufträge, um Produktionslinien in Gang zu setzen — die Replicator-Initiative plante 3.000 Drohnen in zwei Jahren, während ukrainische Firmen ihre Kapazität auf Millionen pro Jahr hochfahren.

Die taktische Realität an der Front

Ukrainische Militärvertreter sind unmissverständlich: Major Robert „Madyar“ Brovdi behauptet, es gibt „keinen einzigen Panzer auf der Straße“, der FPV-Drohnen überlebt. Generalmajor Volodymyr Horbatiuk bilanziert, dass rund 80 Prozent der Zielerfassung auf Drohnen zurückgehen. Vor diesem Hintergrund werden Drohnen nicht bloß als Ergänzung gesehen – sie sind ein grundlegender Faktor moderner Gefechte.

Risiken und strategische Folgen

Die Verbreitung kleiner Drohnen schafft neue Sperrzonen entlang der Frontlinien: Innerhalb von etwa 15 Meilen sind Bewegungen stark gefährdet. Gleichzeitig eröffnet die Technologie auch Unterstützungsoptionen — Versorgung, medizinische Lieferung, Aufklärung — die Leben retten könnten. Emil Michael, R&D-Chef im Pentagon, sieht darin eine historische Chance, „Truppen so gut zu schützen wie nie zuvor.“

Wenn Washington nicht rasch Prozesse, Produktion und Ausbildung anpasst, droht der teuerste Teil der US-Kriegsmaschinerie in einem der wichtigsten Felder ins Hintertreffen zu geraten. Es geht nicht mehr nur um mehr Waffen — es geht um Tempo, Alltagstauglichkeit und die Bereitschaft, eine Drohne wie eine persönliche Waffe zu denken.