Böses Erwachen: Ab 2026 weniger Netto – trotz „Entlastung“
Immer mehr Arbeitnehmer sind vor den Kopf gestoßen: Beim Jänner-Gehalt sehen sie plötzlich weniger Netto, berichtet FPÖ-Politiker Wolfgang Kieslich. Bei ihm melden sich Beamte wie Privatangestellte. „Die Regierung feiert kleine Entlastungen, nimmt aber stillschweigend eine geringere steuerliche Entlastung in Kauf“, kritisiert er.
Viele Arbeitnehmer staunen über den Jänner-Lohnzettel: Kein neuer Abzug – aber spürbar weniger Netto.GETTYIMAGES/seksan Mongkhonkhamsao
Manche schütteln ungläubig den Kopf: Wie kann das sein? Beim Jänner-Gehalt 2026 bleibt plötzlich weniger Netto übrig als noch im Dezember 2025. Am Lohnzettel steht kein neuer Abzug – und trotzdem fällt der Netto-Betrag niedriger aus als erwartet.
Kaum kommuniziert: Warum viele die Änderung erst spät merken
Der Grund liegt nicht in einer neuen Steuer, sondern in weniger Entlastung. Denn die Regierung hat im Budgetbegleitgesetz festgelegt: Ab 2026 wird der Steuertarif bei der Inflation nur noch zu zwei Dritteln automatisch angepasst. Das letzte Drittel war bisher politisch zu vergeben – also über Maßnahmenpakete zusätzlich zu verteilen. Genau diese Zusatz-Entlastung fällt jetzt weg. „Ab 2026 wird die kalte Progression faktisch nur mehr zu zwei Dritteln abgegolten. Das verbleibende Drittel wird aus Budgetgründen ausgesetzt“, sagt Kieslich.
Was das bedeutet? Die Tarifgrenzen steigen langsamer, ein größerer Teil des Einkommens rutscht schneller in höhere Steuerstufen. „Das wirkt nicht als eigener Abzug am Lohnzettel, sondern als geringere steuerliche Entlastung, weil die Tarifgrenzen weniger stark steigen“, erklärt der FPÖ-Politiker. Das Bemerkenswerte: Öffentlich breit erklärt und diskutiert wurde diese Änderung bisher kaum.
Wer das besonders spürt
Formell betrifft die neue Regelung alle Steuerpflichtigen. Spürbar wird sie vor allem dort, wo schon kleine Gehaltserhöhungen in höhere Steuerstufen rutschen – weil die Tarifgrenzen langsamer steigen.
Familien und Pendler merken oft noch einen zweiten Effekt: Viele ihrer Entlastungen sind Fixbeträge – etwa Familienbonus oder Pendlerpauschale. Werden solche Beträge nicht regelmäßig angepasst, frisst die Inflation ihren Wert – in Zeiten erhöhter Inflation tut das besonders weh. Der Netto-Effekt schrumpft dann zusätzlich – selbst wenn das Brutto leicht steigt. „Betroffen sind grundsätzlich alle Steuerpflichtigen, besonders aber Menschen mit kleinen Gehaltserhöhungen sowie Familien und Pendler“, unterstreicht Kieslich.
Nicht jeder Fall ist gleich – aber die Häufung fällt auf
Nicht jeder niedrigere Netto-Betrag hat dieselbe Ursache. Je nach Einzelfall können auch höhere Sozialversicherungsbeiträge, geänderte Beitragsgrundlagen oder andere Effekte eine Rolle spielen. „Man muss jeden Fall einzeln prüfen“, hält Kieslich fest.
Auffällig ist jedoch die Häufung der Rückmeldungen – und vor allem ihr Zeitpunkt. Dass Arbeitnehmer ausgerechnet beim Jänner-Lohnzettel weniger oder deutlich weniger als erwartet bekommen, ist höchst ungewöhnlich. Normalerweise steigt das Netto mit dem Jahreswechsel – nicht umgekehrt. Genau das bringt viele auf die Palme.
Besonders schmerzhaft ist das in Zeiten hoher Inflation. Wenn die Preise weiter steigen und der Netto-Effekt gleichzeitig kleiner ausfällt, spürt man jede Abweichung sofort. Der Ärger sitzt tief – und deshalb kocht das Thema gerade jetzt hoch.
Entlastung hier, Belastung dort
Kieslich kritisiert vor allem die politische Kommunikation: Die Regierung rücke kleine Entlastungen ins Rampenlicht, während der größere Effekt unter dem Radar bleibe. „Während kleine Entlastungen öffentlich gefeiert werden, wird gleichzeitig stillschweigend eine geringere steuerliche Entlastung in Kauf genommen“, sagt er.
Als Beispiel nennt er die Strommaßnahme: Vier Monate lang rund 4 Euro pro Haushalt werden groß beworben. Gleichzeitig werde über die kalte Progression Geld hereingeholt. „Nach derzeitigem Stand muss man davon ausgehen, dass die rund 500 Millionen Euro für die Strompreissenkung durch zusätzliche Steuereinnahmen infolge der kalten Progression in noch größerer Größenordnung übertroffen werden“, kritisiert Kieslich. Sein Fazit: „Am Ende sind wieder die Steuerzahler die Dummen.“
Das eigentliche Problem
Das Kernproblem ist weniger ein einzelner Betrag am Lohnzettel als das Prinzip: Entlastungen werden sichtbar kommuniziert, Belastungen passieren leise. Für viele Arbeitnehmer bleibt am Ende ein Eindruck: Mehr Brutto – aber weniger Netto-Effekt. Und eine Regierung, die Entlastung verspricht, während die Kaufkraft weiter schrumpft.
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