Wie so oft, wenn die EU etwas anfasst, endet es in einer aufgeblähten Verordnung – mit mehr Befugnissen für Brüssel. Das gilt auch für das „Europäische Medienfreiheitsgesetz“, das am 8. August 2025 in Kraft trat. Bei näherem Hinsehen wimmelt es von Widersprüchen, wie Gudula Walterskirchen auf Libratus aufzeigt: Statt maximaler Freiheit und fairem Wettbewerb bringt es „mehr Kontrolle, neue Gremien und eine Unmenge an Vorgaben. Die Medien werden vor zu viel Freiheit geschützt.“

Neue Behörde gegen Fake News – Orwell lässt grüßen

Offiziell schafft die Verordnung nur einen „gemeinsamen Rahmen“ für den Binnenmarkt. Tatsächlich zielt sie auf die Inhalte von Medienberichten, wie Walterskirchen aufzeigt, legitimiert durch den Kampf gegen „Desinformation“; definiert wird der Begriff allerdings nirgends. Der Terminus lasse sich folglich weit auslegen – bis hin zu Kritik an der Kommission, warnt sie.

Maulkorb im Freiheitsmantel? Gudula Walterskirchen (Bild) hat die neue EU-Verordnung unter die Lupe genommen.EXXPRESS/EXXPRESS

Auf einem freien Markt entscheiden die Konsumenten, was Qualität ist. Nach Walterskirchen soll künftig Brüssel mitentscheiden. Geschützt wird vor allem der Wettbewerb jener Medien, die als „hochwertig“, „unabhängig“ und „vertrauenswürdig“ gelten. Oder, wie es im Verordnungstext heißt: „Es sollten die Empfänger von Mediendiensten Zugang zu hochwertigen (!) Mediendiensten haben, die von Journalisten unabhängig (!) und im Einklang mit ethischen (!) und journalistischen Standards erstellt wurden und somit vertrauenswürdige (!) Informationen bereitstellen.“

Wer definiert diese Qualität? Ein Beratergremium der EU-Kommission, das nationale Regulierungsbehörden bündelt. Walterskirchen: „Unter der Oberaufsicht und Koordinierung durch Beamte der Kommission. Sie sollen sich unter Zuziehung von ‚Organisationen aus der Zivilgesellschaft‘ darum kümmern, deren Inhalte zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass ‚Desinformation‘ unterbunden wird.“ Kurz: „Die EU-Kommission will gleichzeitig selbst mehr Einfluss auf Medien und deren Inhalte nehmen.“

Medien werden zu „Wächtern“

Die Unschärfe bei Schlüsselbegriffen wie „hochwertig“ oder „Desinformation“ kann weitreichende Folgen haben – gerade für die Freiheit, um die es angeblich geht: „Und was ist nun die Grenze zwischen kritischer Berichterstattung etwa im Bereich der Migration oder des Islamismus zu ‚Hass‘ und ‚Hetze‘?“, fragt Walterskirchen. „Wer legt diese Grenze fest? Werden Journalisten und Medien nicht dann aus Vorsicht eher nicht mehr so kritisch berichten?“

Bemerkenswert ist auch die Rolle, die das Gesetz Qualitätsmedien zuschreibt. „Hochwertige Mediendienste sind auch ein Gegenmittel gegen Desinformation“, heißt es. Die Verordnung spricht daher passenderweise von der „öffentlichen Wächterinstanz“ der Medien.

Walterskirchen entgegnet: „Es ist eine wichtige Aufgabe von Medien, den Mächtigen auf die Finger zu sehen und deren Handeln kritisch zu begleiten. Aber ‚Wächter‘ im Sinn des Bewachens ‚unserer‘ Werte und ‚unserer‘ Demokratie sind sie nicht. Sie sind Berichterstatter, aber keine Richter. Und ob diese Berichterstattung gut ist, sollten die Konsumenten und Bürger entscheiden – letztlich also der Markt.“