Signal, einer der weltweit sichersten Messenger-Dienste, steht nun vor der potenziellen Entscheidung, Europa den Rücken zu kehren.

Signal droht mit Rückzug

Meredith Whittaker, Präsidentin der Signal-Stiftung, machte gegenüber der dpa unmissverständlich klar: „Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung und unsere Datenschutzgarantien zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir leider die Entscheidung treffen, den Markt zu verlassen.“

Signal gilt als Paradebeispiel für konsequenten Schutz der Nutzerkommunikation. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung garantiert, dass weder Konzerne noch Behörden private Nachrichten lesen können. Für Whittaker ist klar: Dieser Schutz darf nicht geopfert werden.

EU will Zugriff auf private Chats

Seit drei Jahren wird in der Europäischen Union eine Verordnung diskutiert, die die digitale Überwachung ermöglichen soll. Der Entwurf sieht vor, dass Nachrichten noch vor der Verschlüsselung auf den Geräten selbst überprüft werden sollen. Dafür müssten die Anbieter Kontrollmechanismen in ihre Apps einbauen – ein faktischer Generalangriff auf die Privatsphäre.

Whittaker lehnt diese Pläne scharf ab: „Sie garantiert die Privatsphäre von Millionen und Abermillionen von Menschen auf der ganzen Welt, oft auch in lebensbedrohlichen Situationen.“ Und weiter: „Es ist bedauerlich, dass Politiker weiterhin einer Art magischem Denken verfallen, das davon ausgeht, dass man eine Hintertür schaffen kann, auf die nur die Guten Zugriff haben.“

Freiheit unter Druck

Die Debatte um Chatkontrolle zeigt, wohin die Reise geht: Brüssel versucht, Überwachung durch die Hintertür zu legalisieren – auf Kosten von Privatsphäre und Meinungsfreiheit. Was unter anderem als Schutz vor sexuellem Missbrauch verkauft wird, könnte in der Praxis einen Überwachungsapparat schaffen, der alle Bürger unter Generalverdacht stellt. Signal zieht die rote Linie: Lieber Rückzug aus Europa als Aufgabe von Freiheit und digitaler Selbstbestimmung.

Neue Bedrohung durch KI-Agenten

Zusätzlich warnte Whittaker vor dem Einsatz sogenannter KI-Agenten – automatisierte Softwareprogramme, die mit weitreichenden Berechtigungen auf Kalender, Kreditkarten oder Messenger zugreifen können: „Diese KI-Agenten verlangen enorme Zugriffsmöglichkeiten und nahezu unbegrenzte Berechtigungen. Dabei erhalten sie Zugang zu wichtigen Anwendungen und Diensten – vom Kalender, über das E-Mail-Konto, die Signal-App oder die Kreditkarte.“

Hier sieht sie besonders die großen Tech-Unternehmen wie Apple, Google und Microsoft in der Pflicht, Schutzmechanismen auf Betriebssystemebene einzubauen.