Der Kurz-Sturz: EINE Nummer bringt jetzt Justizministerin Zadic unter Druck
Waren die Leaks der Razzia-Befehle, die zum Sturz von Sebastian Kurz führten, ein politischer Mordversuch? Der eXXpress hat dafür weitere Indizien: Der vom “Falter”-Chef am 6. Oktober zitierte Akt mit der Nummer 1683 kann aus konkreten Gründen nicht aus “Anwaltskreisen” stammen. Justizministerin Zadic hat ein Problem.
“Verleumdung”, “Hetzkampagne” und “Sudelpropaganda” – so wütet “Falter”-Herausgeber Armin Thurnher über die Recherche des eXXpress, an der sich auch der bekannte Salzburger Plagiatsjäger Stefan Weber und der Herausgeber der eu-infothek.com, Gert Schmidt, beteiligt haben.
Dass von Journalisten, Detektiven und IT-Experten ermittelt wird, wie die streng vertraulichen Hausdurchsuchungs-Anordnungen der Staatsanwaltschaft und die darin enthaltenen Chats am 6. Oktober an den “Falter” und an andere Medien verteilt worden sind und wer vielleicht politisches Interesse an diesem Vorgang hatte, sorgt offenbar für heftige Emotionen.
Und dem eXXpress ist nun auch klar, warum derart heftig reagiert wird: Die Dossier-Nutznießer könnten sich nämlich einen schweren Fehler geleistet haben, der ihre Akten-Lieferanten nun möglicherweise auffliegen lässt.
Es geht um nicht wenig: So ist die Frage offen, ob jemand aus konkretem politischen Interesse diese vertraulichen Dossiers der Korruptions-Staatsanwaltschaft an gewisse Medien verteilt hat. Wer wollte damit eine Stimmung ähnlich jener des Abends der Ibiza-Video-Präsentation erzeugen? Also ein tosendes Hintergrundrauschen, in dem politische Attentate jenseits aller demokratischen Spielregeln zu rechtfertigen wären?
Geleakter Hausdurchsuchungs-Befehl 1683 war nur einem Anwalt bekannt
Eine einzige Nummer könnte nun sowohl den Verteilern der vertraulichen Akten, aber auch denjenigen zum Verhängnis werden, die vermutlich ein politisches Interesse hatten, am Mittwoch, dem 6. Oktober 2021, diese Hausdurchsuchungs-Anordnung plus den Chats an die Öffentlichkeit zu spielen.
Die Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs dieses Tages zeigt hier viel:
Um 06.00 Uhr morgens legt ein Staatsanwalt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an der Privatadresse von Stefan Steiner, dem engsten Berater von Sebastian Kurz, die Hausdurchsuchungs-Anordnung mit der Nummer 1683 vor. Nur Steiner, Vater von drei kleinen Kindern, und wenig später sein Rechtsanwalt Werner Suppan sehen außer dem Staatsanwalt und – vielleicht –einigen Beamten des BAK, des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung, diese 104 Seiten und das Deckblatt mit der Nummer “1683”. Sowohl Steiner als auch Anwalt Suppan betonen, dass sie dieses brisante Papier nicht an den “Falter”-Chefredakteur Florian Klenk oder an andere Medien weitergegeben hätten.
Mysteriöse Löschung auf Twitter
Um 12.39 Uhr – also nur viereinhalb Stunden nach Beginn der Hausdurchsuchung bei Steiner – schreibt Klenk auf der Socialmedia-Plattform Twitter wörtlich: “Wir haben aus Anwaltskreisen die Hausdurchsuchungsbefehl und viele andere Infos zur Razzia im Kanzleramt erhalten. Wir arbeiten seit einigen Stunden an einem Bericht, in Kürze wird er erscheinen. Bleibt dran.” Die “Falter”-Redaktion arbeitete also am 6. Oktober um 12.39 Uhr schon “seit einigen Stunden” an der Story über die Hausdurchsuchung, die erst vor viereinhalb Stunden begonnen hat …
Interessant dabei: Das brisante Material stamme laut Florian Klenk “aus Anwaltskreisen”.
Um 14.15 Uhr twittert dann Klenk über eine “Smoking Gun” und veröffentlicht das erste Faksimile aus der Hausdurchsuchungs-Anordnung.
Am Mittwoch, 27. Oktober, um 21.41 Uhr passiert dann Entscheidendes: In einem Twitter-Chat mit Thomas Kralik, dem Anwalt eines der Beschuldigten in diesen Bestechungs-Ermittlungen, schreibt Klenk, dass die “ON 1683 entscheidend” sei – “1683”, das ist die Nummer der Hausdurchsuchungs-Anordnung.
Allerdings ist Personen, die in diesem Fall nicht als Juristen involviert sind, nicht bekannt: Mit “1683” ist ALLEIN der Durchsuchungs-Befehl für die Privatadresse von Stefan Steiner gekennzeichnet.
Nur ein einziger Anwalt hatte am 6.10. das vertrauliche Dokument "1683"
Klenk löscht dann wenig später wieder diesen Tweet mit dieser “ON 1683”-Nennung, der eXXpress hatte den Beitrag aber bereits von einem Twitter-User als Screenshot erhalten.
Thomas Kralik sagte dazu im eXXpress-Gespräch: “Ja, das war sonderbar. Diesen Aktenteil und die Infos daraus von der Hausdurchsuchung bei Stefan Steiner konnte nicht jeder der etwa 50 in diesem Verfahren beschuldigten Personen zu diesem Zeitpunkt haben. Und schon gar nicht am 6. Oktober zur Mittagszeit.” Kralik, der Thomas Schmid vertritt, berichtete dazu: “Ich habe diesen Akt – so wie andere Anwälte auch – erst am Donnerstag, dem 7.10., um 16.18 Uhr aus dem dafür vorgesehenen Justiz-Web abrufen können.”
Die Erklärung Klenks, er hätte die Infos, die zum Sturz von Sebastian Kurz führten, “aus Anwaltskreisen”, sei für Kralik “absurd”: Erstens hätten andere Anwälte dieses Papier mit der Nummer “1683” erst 24 Stunden (!) nach den ersten in Medien erschienen Chats sehen können – und zweitens hätte “doch niemand Interesse, seinen Mandanten selbst zu belasten”.
Justizministerin hat Erklärungsbedarf
Wenn der brisante Hausdurchsuchungs-Befehl also doch nicht “aus Anwaltskreisen” stammen sollte, bleiben nicht viele andere Möglichkeiten: Entweder ein Beamter des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung konnte bei der Durchsuchung der Bleibe Steiners eiligst 104 Seiten kopieren oder einscannen – was doch etwas auffällig gewesen wäre.
Oder aber der Akt mit exakt dieser Nummer wurde schon VOR Beginn der Razzien im Bereich der WKStA kopiert und zur Verteilung an “passende” Medien vorbereitet – eine politisch motivierte Verteilung, für die als “Gegengeschäft” die “richtige” Tendenz der Berichte erwartet wurde?
Die neuen Indizien belasten jedenfalls Alma Zadic massiv: Sie ist die Weisungsberechtigte der WKStA und kann sich rechtlich nicht damit verantworten, dass sie nicht weiß, was in dieser Behörde abläuft.
Immer mehr Stimmen werden laut, dass sie bis zur Beendigung der Ermittlungen gegen Sebastian Kurz ihr Amt ruhend legen sollte, dass ein neutraler Experte das Ressort übernehmen sollte.
Gattin des Oberstaatsanwalts war für Chats in Kurz-Dossier zuständig
Auch der Oberstaatsanwalt, der mit einem Richter Kurz fünf Stunden lang zum Verdacht einer Falschaussage verhört hat, wird belastet: Immerhin ist erwiesen, dass dessen Lebensgefährtin als Wirtschftsexpertin der Staatsanwaltschaft die Chats ausgewählt hat, die in den Akt kommen. Ein Jurist meinte dazu im eXXpress-Gespräch: “Die Annahme, dass die Partnerin des Staatsanwalts als Expertin möglichst viel Entlastendes für die Beschuldigten in den Akt nimmt und so ihrem Partner schaden könnte, scheint nicht lebensnah.”
Bisher verweigerte Alma Zadic jedes TV-Interview mit dem eXXpress und jede Stellungnahme zu den schweren Vorwürfen, die das Ansehen der Justiz massiv belasten könnten.
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