Die Wiener Denkfabrik Agenda Austria schlägt Alarm und kritisiert die jüngsten politischen Maßnahmen zur Pensionsgestaltung in Österreich. Die neue soziale Staffelung der Pensionen, die die Regierung beschlossen hat, wurde mit dem Versprechen einer „sozial gerechten“ Lösung eingeführt – doch die Realität sieht anders aus. Für die Agenda Austria ist das Konzept alles andere als gerecht und bringt diejenigen, die mehr in das System einzahlen, in eine benachteiligte Position.

„Staat hat Ausgaben nicht im Griff und bestraft dafür die Menschen“

Laut dem Ökonomen Dénes Kucsera von der Agenda Austria werden Menschen, die durch mehr Arbeit und höhere Beiträge den Sozialstaat finanzieren, bestraft. „Die Menschen, die in das Pensionssystem einzahlen, werden dafür bestraft, dass der Staat seine Ausgaben nicht im Griff hat“, kritisiert Kucsera. Im Gegenzug profitieren Menschen, die weniger gearbeitet oder weniger in das System eingezahlt haben – und dies führt zu einem System, das immer weniger belohnt, wer lange arbeitet und das Sozialsystem finanziert.

Wer seit 2016 in Pension ist und eine Bruttopension von 1.500 Euro bezieht, erhält ab 2026 um 65 Euro brutto pro Monat mehr, als nach den gesetzlichen Anpassungen eigentlich vorgesehen ist. Mit einer Brutto-Pension von 3.500 Euro erhält aktuell um 36 Euro weniger.Agenda Austria/Grafik

Von sozialer Gerechtigkeit keine Spur

Die neue Staffelung der Pensionshöhe, die das Ziel verfolgt, das System sozialer zu gestalten, folgt laut Agenda Austria einem falschen Ansatz. Pensionen sind keine Sozialhilfe, sondern eine Versicherungsleistung. Wer mehr eingezahlt hat, sollte auch eine höhere Rente erhalten, weil sie ihm zusteht – und wer weniger eingezahlt hat, eine geringere. Stattdessen gehe das System genau in die entgegengesetzte Richtung – und bestraft die fleißigen Zahler.

So wird aber das Versicherungsmodell in Frage gestellt, wie Agenda-Austria-Ökonomin Carmen Treml kürzlich in der Kleinen Zeitung hervorgehoben hat. Sie erläutert, dass eine solche Staffelung in Wahrheit nicht sozial sei, da das Pensionssystem auf Beiträgen und Ansprüchen basiert und nicht auf Bedürftigkeit.

Falsche Begünstigung?

Zudem weist die Agenda Austria auf einen weiteren kritischen Punkt hin: „Eine niedrige Pension sagt nicht zwangsläufig etwas über den finanziellen Hintergrund der Person“, warnt die Denkfabrik. Doch das ist nicht alles: Die übermäßige Erhöhung der niedrigen Pensionen im Vergleich zu den höheren Pensionen in den vergangenen Jahren verstärkte bereits das Ungleichgewicht.

Zwischen 2018 und 2022 gab es gleich vier Pensionsanpassungen, die vor allem den Beziehern niedriger Pensionen zugutekamen, sodass diese immer weiter von den höheren Renten entfernt wurden.

Politische Fehlentscheidungen mit verheerenden Folgen

Der Wiener Thinktank kritisiert auch den Teufelskreis, in den die verfehlte Politik der vergangenen Jahre die Österreicher gestürzt hat. Der Staat hat viel zu viel Geld ausgegeben und die Finanzminister – zunächst Magnus Brunner (ÖVP), jetzt Markus Marterbauer (SPÖ) – bekommen das Defizit seither nicht in den Griff. Die Folge: Die hohen Staatsausgaben treiben die Nachfrage in die Höhe, verursachen damit bei zu niedrigem Angebot eine höhere Inflation, was wiederum höhere Lohnabschlüsse und Pensionsanpassungen auslöst, die in der Folge die Teuerung erst Recht verfestigen.

Höhere Löhne und höhere Pensionen bedeuten höhere Staatsausgaben und höhere Produktionskosten – beide gießen noch mehr Öl ins Feuer der Inflation. Für die Menschen ist das letztlich ein Nullsummenspiel, denn real verdienen sie nicht mehr. Der Teufelskreis aus Staatsausgaben, Inflation und Pensionsanpassungen hat das Land in eine gefährliche Lage gebracht.

Der Ausweg: Null-Lohnrunde und Konsolidierung

Die Agenda Austria fordert eine Null-Lohnrunde für alle, um die hohe Inflation zu stoppen. „Die hohen Staatsausgaben befeuern die Inflation nur weiter, da sie die Nachfrage künstlich hochhalten“, erklärt Kucsera. Für die Denkfabrik ist es entscheidend, endlich aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Ein Aussetzen der Inflationsanpassung könnte dem System helfen, sich zu stabilisieren, sagen die Experten.

Agenda Austria/Grafik

Ein solcher Schritt würde jedoch auch nicht zu einem realen Verlust für diejenigen führen, die niedrige Pensionen erhalten – aufgrund der bereits durchgeführten, übermäßigen Erhöhungen der vergangenen Jahre. So könnte eine Budgetkonsolidierung erreicht werden, ohne dass die Schwächsten noch weiter benachteiligt werden. „Kein realer Verlust für kleine Pensionen, aber ein kräftiger Konsolidierungsbeitrag fürs Budget“, bemerkt Carmen Treml. Wer dennoch zusätzliche Unterstützung benötigt, solle diese durch Sozialleistungen erhalten. „Das wäre soziale Gerechtigkeit.“