Die vielen Baerbock-Fails: Andere Politiker wären schon längst zurückgetreten
Die mehrfach belegten Fehler und Übertreibungen in Annalena Baerbocks Lebenslauf bewegen mittlerweile auch die deutsche Öffentlichkeit. Trotz der sich häufenden Kritik tritt Baerbock nicht zurück. Gleichzeitig legt sie aber auch nicht ihre Masterthesis vor, obwohl das Interesse an ihr steigt.
Also doch: Die zunächst weitgehend ignorierten Widersprüche und Übertreibungen im Curriculum Annalena Baerbocks beschäftigen mittlerweile die deutsche Öffentlichkeit und nähren allmählich Zweifel an der Qualifikation der Grünen-Kanzlerkandidatin. Zuvor hatten sich wochenlang ausschließlich der eXXpress und vereinzelt deutsche Medienberichte mit den vielen Fragezeichen in Baerbocks Lebenslauf befasst.
Mittlerweile wurden Baerbocks Fehler allerdings zu offenkundig und vor allem zu zahlreich, um ausgeblendet zu werden, vor allem als jüngst der Lebenslauf der Grünen-Spitzenkandidatin ein weiteres Mal korrigiert werden musste. In der Zwischenzeit hat sogar das reichweitestarke US-Magazin Politico die Kritik an Baerbock aufgegriffen.
Drei erfundene Mitgliedschaften
Auf zwölf eindeutig belegbare “Falschangaben und Übertreibungen” im Baerbocks Lebenslauf ist Österreichs bekannter Plagiatsjäger Stefan Weber bisher gestoßen. “Eine Ursache könnte schlichtweg leichte bis grobe Fahrlässigkeit, also wiederholte Sorgfaltspflichtverletzung sein”, meint Weber. “So oder so: Frau Baerbock wird die Karten endlich persönlich auf den Tisch legen müssen. Sonst hat sie alle Glaubwürdigkeit verspielt.”
Weber listet nochmals alle Fehler auf. Die jüngsten: Baerbock führte drei falsche Mitgliedschaften an, nämlich beim German Marshall Fund, beim UNHCR und im „Europa/Transatlantik-Beirat“ der Heinrich-Böll-Stiftung. (Beim UNHCR kann man nicht einmal Mitglied werden.) Baerbocks Tätigkeit als Büroleiterin der EU-Abgeordneten Schroedter dürfte darüber hinaus kürzer gewesen sein, als von ihr angegeben. Und dann übersetzte Baerbock noch das deutsche Wort “Büroleiterin” ins Englische mit “Parliamentary Advisor” – eine eindeutige Übertreibung.
Zahlreiche Übertreibungen
Was Baerbock jahrelang unwidersprochen ließ: den ihr fälschlicherweise zugesprochenen Bachelor. Baerbocks eigene Angaben über die Studienfächer, die sie an der Uni Hamburg studiert hat, sind ebenfalls mehrmals falsch gewesen. Dass ihr Abschluss in Politikwissenschaft an der Uni Hamburg lediglich ein Vordiplom war, ließ sie dafür unerwähnt. Aus “wissenschaftlicher Mitarbeiterin” macht sie “Trainee”. Dann wäre da noch Baerbocks “irreführende Angabe über den Doktorandenstatus, die ein weiterhin aktuelles Promotionsvorhaben suggeriert, obwohl das Promotionsstudium bereits 2015 mit Abbruch und unabgeschlossen beendet wurde”.
Als höchst “zweifelhaft” bezeichnet Weber Baerbocks Verwendung des Begriffs “Völkerrechtlerin”, da sie nach deutschem Verständnis allenfalls Politologin ist. Hinzu kommt noch Baerbocks von der bundesdeutschen Kultusministerkonferenz ausdrücklich untersagte Führung des Titels “LL.M.” ohne Herkunftsbezeichnung.
Baerbocks Verteidiger sprechen von Sexismus
Nun, manche Politiker und Journalisten sprechen von einer Hetzkampagne und bringen den Sexismus-Vorwurf ins Spiel. Beistand erhielt Baerbock etwa von der SPD-Politikerin Sawsan Chebli. In einem Tweet nannte sie die “Kampagne” gegen Baerbock “unerträglich”. Die “Hetze” würde Frauen abschrecken, die in die Politik wollten.
Bin Sozialdemokratin und ich möchte, dass @OlafScholz unser Land führt. Aber diese Kampagne gegen @ABaerbock ist unerträglich. Packt sie bei ihren politischen Positionen, aber lasst diese Hetze. Das schreckt Frauen, die Politik machen wollen, so ab. Da geht gerade viel kaputt.
— Sawsan Chebli (@SawsanChebli) June 6, 2021
Das griff die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt nur zu gerne auf. Im ARD-Fernsehen nannte sie Baerbock die “einzige Frau im Rennen”, und auf die werde “draufgehauen”, viele Vorwürfe seien “weit unter der Gürtellinie”. Das sei “absurd und unterirdisch” und entmutige andere Frauen, überhaupt in die Politik zu gehen.
Mit diesen Argumenten glaubte Göring-Eckhardt die Ungenauigkeiten in Baerbocks Lebenslauf abschmettern zu können, ohne andererseits sexistische Stereotype in der Kritik nennen zu können. Dass sie es sich damit zu leicht macht, unterstrich danach der Tagesspiegel: “Es gibt auch berechtigte Kritik, die eine Kanzlerkandidatin im Wahlkampf aushalten muss.” Der mehrmals geänderte Lebenslauf auf der Webseite etwa sei von öffentlichem Interesse.
Ein “doppeltes Desaster” sieht mittlerweile Spiegel-Kolumnist Stefan Kuzmany. Einerseits müsse man sich fragen, ob Baerbock von “blutigen Anfängern” beraten werde, andererseits werfen vor allem die Übertreibungen ein fragwürdiges Licht auf den Charakter der Grünen: “So entsteht das Bild einer allzu ehrgeizigen Kandidatin, die stets etwas mehr darstellen möchte, als sie in Wirklichkeit ist.”
Die öffentlich nicht zugängliche Masterthesis
Bereits vor Wochen verlangten einige Beobachter von Baerbock die Vorlage ihrer Masterthesis. Solche Forderungen werden nun wieder lauter. “Entweder sie hat ihre eigene Masterarbeit verloren, oder sie hält sie aus irgendwelchen Gründen geheim”, meinte einer von Stefan Webers Lesern. Weber selbst unterstreicht: “Ich denke, die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, zu erfahren, was in der Masterthesis einer Kanzlerkandidatin steht. Oder nicht? Leben wir noch in der mittelalterlichen Zeit der Geheimwissenschaft?”
Mit solchen Forderungen halten sich deutsche Medien noch zurück. Rücktrittsaufforderungen sind ebenfalls nicht zu vernehmen. Für Stefan Weber ist dieser Punkt aber ebenfalls bereits klar: Er hält die deutsche Grünen-Kandidaten für unqualifiziert. Es sind ganz einfach zu viele Fehler, um das höchste Amt im Staat zu übernehmen.
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