Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) bleibt seinem Ruf treu. Er ist nicht auf den Mund gefallen – weder wenn es um die Bundesregierung geht, noch wenn es um seine eigene Partei, die seit dem Frühjahr dieser Regierung angehört.

„Ich will jetzt nicht wieder in eine Diskussion über die SPÖ auf Bundesebene einsteigen“, meint er in seinem jüngsten Interview. „Aber …“ – und dann legt er los.

„Passiert ist nichts“ – Kritik an Ankündigungen der Regierung

Zu den bisherigen Ankündigungen der Politik, wie „Arbeit muss sich lohnen“ oder „Reformen bei Gesundheit und Bildung“, meint Doskozil gegenüber Heute: „Passiert ist nichts.“ Das gelte auch für das Versprechen, „Mieten müssen sinken“.

Der kürzlich beschlossene Mietpreisdeckel kann Doskozil nicht überzeugen: „Naja, was jetzt als Errungenschaft verkauft wird, ist in Wahrheit am Thema vorbei.“ Eine echte Lösung sei es nicht, da „die Mieten ‚nur‘ um drei Prozent steigen dürfen und darüber hinaus die Inflation geteilt wird“. Und: „Die Mieten steigen so rapid, da frage ich mich jeden Tag: Wie sollen sich die Menschen das leisten können? Es geht ans Eingemachte“, warnt Doskozil. Sogar 50- bis 60-Quadratmeter-Wohnungen kosten mittlerweile 800 bis 900 Euro. „Wie sollen sich die Menschen das leisten können?“

Er fordert eine weitreichendere Maßnahme: „Es muss etwas darüber hinaus kommen“, und kündigt an, dass das Burgenland im Herbst eine „wirksame“ Mietpreisdeckelung im Vergleich zum Bund umsetzen werde.

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„Die großen Themen werden nicht angegriffen“

Dass die SPÖ in den Umfragen auf unter 20 Prozent gefallen ist, sei „kein Wunder“, nachdem ein Drittel der Pensionisten heuer nicht die volle Inflationsabgeltung erhalten haben. Doch das Problem gehe noch tiefer: „Wir haben keine passenden Antworten auf die Fragen der Zeit – und die schlechten Umfragen sind nicht nur der schlechten wirtschaftlichen Lage geschuldet …“

Ein Hauptproblem: In vielen Bereichen fänden keine Diskussion statt und würden keine Antworten gegeben. „Ich höre nichts mehr davon, wie wir Wahlarzt-Ordinationen zurückdrängen. Ich höre nichts, wie wir dem Pflegekräftemangel begegnen oder unsere Spitäler finanzierbar halten. Diese großen Themen, die am Tisch liegen, werden nicht angegriffen.“

Träumerei bei Zuwanderung: „Kein Wunder, dass wir so herumdümpeln“

Im Hinblick auf die Zuwanderungspolitik kritisiert Doskozil, dass die SPÖ die Mehrheitsmeinung innerhalb der Partei nicht öffentlich artikulieren wolle. „Weil man Angst vor links-romantischen Träumern hat, die dann aufschreien. Das ist ein gutes Beispiel, warum wir jetzt dort herumdümpeln, wo wir herumdümpeln“, sagt er.

Die Migration der vergangenen Jahre sei mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen verbunden. Doskozil fordert eine öffentliche Debatte über die Zukunft der Gesellschaft: „Die Zeit ist reif, dass wir darüber sprechen, ob wir diese gesellschaftliche Veränderung wollen oder nicht.“

„Schleichender Prozess“: Verlust der christlichen Tradition

Er warnt vor einem „schleichenden Prozess“, bei dem die Gesellschaft durch fortgesetzte Zuwanderung verändert werde. Als Beispiele nennt er die Diskussion um Laternenfeste, das Kreuz in der Schule und die Einführung eines Ramadan-Kalenders in Deutschland. „Wir haben eine christliche Tradition, aber das Land verändert sich in einem schleichenden Prozess, wenn Zuwanderung weiter in diesem Ausmaß stattfindet“, erklärt er.

Er betont, dass die Bevölkerung das Recht habe, zu entscheiden, wie es weitergehen soll: „Ich finde, die Bevölkerung hat das Recht, darüber zu entscheiden, ob sie das will oder nicht.“

Kritik an Wien: „Spitzenmedizin für Flüchtlinge, aber nicht für Burgenländer?"

Doskozil äußert sich auch zum Thema Sozialhilfe. Der Vorschlag, volle Sozialhilfe erst nach drei Jahren auszuzahlen, sei „gar nicht so schlecht, wenn es verfassungsrechtlich durchführbar ist“. Er betont, dass überbordende Beispiele in den Griff bekommen werden müssen.

Beim Thema Gesundheitsversorgung bekommt auch die Wiener SPÖ ihr Fett ab. Zum Streit mit Wien bezüglich der Gastpatienten, für die die Wiener Stadtregierung längere Wartezeiten in Aussicht stellt, meint der Landeshauptmann: „Wien macht es sich schon einfach, wenn es sagt: Jeder Flüchtling bekommt Spitzenmedizin, aber die Burgenländer, die Steirer, die Niederösterreicher, die Wien mitaufgebaut haben, nicht mehr“, stellt Doskozil fest.

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„Mit 33 Prozent ist Kickl schwach“

Unbeeindruckt zeigt sich Doskozil vom Umfragehoch der FPÖ unter ihrem Vorsitzenden Herbert Kickl: „Bei dieser Regierung als Gegenüber, ist Kickl mit 33 Prozent schwach. Die FPÖ könnte schon bei 40 Prozent liegen“, womit er zugleich seiner eigenen Partei in Wien eine scharfe Ohrfeige verpasst.

Spott über neuen SPÖ-TV-Kanal

Besonders sarkastisch wird Doskozil, als es um den neuen TV-Kanal der SPÖ geht. Zur Frage, ob ihm bereits eine Sendung angeboten wurde, meint er kurz und knapp: „Ich habe das zufällig gelesen, ich hätte das sonst gar nicht gewusst. Dementsprechend: nein.“

Auf die Frage, ob der TV-Kanal der SPÖ zu einer Trendwende führen könne, antwortet Doskozil ironisch: „Massiv. Das wird der Renner werden …“