Ehrenmord-Versuch erschüttert Wien – doch Frauenministerin schweigt
Während Österreich über einen mutmaßlichen Ehrenmordversuch an einer 15-Jährigen erschüttert ist, verliert die zuständige Frauenministerin kein einziges Wort über den Fall. Anstatt sich zu einer der brutalsten Gewalttaten der vergangenen Tage klar zu äußern, spricht sie beim Ministerrat über Deepfakes, Codes of Conduct und Clearingstellen und lässt den Angriff auf das Mädchen völlig unkommentiert.
Frauenministerin Holzleitner schweigt zum mutmaßlichen Ehrenmordversuch – trotz laufender UN-Kampagne gegen Gewalt an Frauen.APA/HANS KLAUS TECHT
Der Fall aus Wien-Donaustadt sorgt seit Tagen für Entsetzen: Ein 50-Jähriger soll seine Tochter auf offener Straße niedergestochen haben, Zeugen sprechen von einem möglichen Ehrenmordmotiv. Während die Ermittlungen laufen und das Opfer nach einer Notoperation stabil ist, stellt sich eine Frage immer drängender: Warum schweigt Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner ausgerechnet jetzt zu diesem Fall völlig – mitten in der internationalen UN-Kampagne „Orange the World“, die jährlich vom 25. November bis 10. Dezember auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam macht? Während Holzleitner beim Ministerrat einen großen „Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen“ präsentiert und über strukturelle Gewalt, Machtverhältnisse und Prävention spricht, bleibt der konkrete Angriff auf eine Jugendliche unerwähnt – und wirft ein Schlaglicht auf eine politische Prioritätensetzung, die viele irritiert.
Brutaler Angriff in Wien: 15-Jährige überlebt Messerattacke des Vaters
Vor einigen Tagen erschütterte ein schwerer Gewalttätigkeitsfall Wien-Donaustadt: Ein 50-Jähriger soll seine 15-jährige Tochter auf offener Straße mit Faustschlägen attackiert und mehrfach mit einem Küchenmesser verletzt haben. Zeugen leisteten sofort Hilfe und brachten das Mädchen in eine Arztpraxis, bevor sie per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen wurde. Die Jugendliche überlebte nach einer Notoperation und konnte inzwischen erste Angaben machen.
Aussagen von Zeugen und des Opfers selbst deuten darauf hin, dass die Tat im Zusammenhang mit einer Beziehung der Jugendlichen stehen könnte; laut diesen Schilderungen soll der Vater mit solcher Wucht zugestochen haben, dass die Messerklinge brach. Der Mann, der seit über 20 Jahren rechtmäßig in Wien lebt und bisher nicht polizeilich aufgefallen ist, ließ sich festnehmen und gestand am Tatort. Das Motiv ist weiterhin Gegenstand der Ermittlungen.
Was ein Ehrenmord ist – und warum patriarchale Ehrbegriffe so gefährlich sind
Bei einem Ehrenmord wird ein Mädchen oder eine Frau von einem Angehörigen der eigenen Familie getötet, weil sie angeblich die „Ehre“ der Familie verletzt hat. Laut der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) basiert dieser Ehrbegriff in vielen traditionell-patriarchalischen Gesellschaften, die oftmals in Regionen verankert sind, in denen islamische Kulturtraditionen vorherrschen, vor allem auf der sexuellen Unbescholtenheit der Frau. Bereits vermeintliche Grenzüberschreitungen wie ein Gespräch mit einem nicht verwandten Mann, Gerüchte über eine Beziehung oder der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben können als Ehrverletzung gelten. In diesen Strukturen gilt der Erhalt der Familienehre oft als wichtiger als das Leben der Frau. Deshalb glauben Angehörige, die „Ehre“ durch eine Gewalttat wiederherstellen zu müssen.
Schweigen aus der SPÖ: Frauenministerin ignoriert aktuellen Gewaltfall völlig
Auffällig ist, dass sich Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) zu dem aktuellen Fall nicht äußert. Gerade jetzt, während weltweit die UN-Kampagne „Orange the World“ läuft – eine jährlich vom 25. November bis 10. Dezember stattfindende Aktion zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen – hätte eine klare Stellungnahme besondere Bedeutung. Doch weder beim Ministerrat noch an anderer Stelle hat Holzleitner den brutalen Angriff auf die 15-Jährige angesprochen.
Keine Reaktion auf exxpress-Anfrage
Auf Anfrage des exxpress gab es von der Frauenministerin bisher keine Rückmeldung.
Obwohl sie in ihrem Statement beim Ministerrat ausführlich über Gewalt gegen Frauen spricht und betont, die Sicherheit von Frauen sei „eine der obersten Prioritäten“ der Bundesregierung, erwähnt sie diese schwere Bluttat mit keinem Wort. Holzleitner hebt hervor, dass jede dritte Frau in Österreich von Gewalt betroffen sei und Gewalt „keine Staatszugehörigkeit, keine Religion, (…) aber in den meisten Fällen (…) ein Geschlecht“ habe. Sie spricht über den „Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen“, die „Modernisierung und Verschärfung des Sexualstrafrechts“, „unerwünschte Deepfakes“, „Cyberstalking“, Clearingstellen für Journalistinnen sowie Präventionsprojekte im Bildungsbereich.
Gerade weil Holzleitner ausführlich über Ursachen, Machtstrukturen und Prävention spricht, fällt dieses Schweigen besonders stark ins Gewicht: Während Österreich über einen mutmaßlichen Ehrenmordversuch an einem Mädchen diskutiert, bleibt der Fall im Ministerrat von Holzleitner unerwähnt.
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