Ein Abend mit Vaclav Klaus – der Ex-Präsident und die "Selbstzerstörung Europas"
Ein großer Staatsmann ist aktuell zu Gast beim Forum Mitteleuropa in Wien: Tschechiens Ex-Präsident Vaclav Klaus (82) traf sich dabei mit dem eXXpress zu einem hochinteressanten Gedankenaustausch – und sprach über sein neues Buch, den Krieg, Putin und Tschechien.
Das vom Liberalen Klub und dem Forum Ringstraßenakademie organisierte Forum Mitteleuropa konnte für dieses Jahr einen besonders interessanten Gast als Vortragenden gewinnen: Vaclav Klaus (82) führte als tschechischer Präsident bereits Gespräche mit Wladimir Putin, Joe Biden und vielen anderen Politikern der Welt, und beim gemeinsamen Dinner mit dem eXXpress berichtete der bekannte Politiker und Wirtschaftswissenschaftler auch von seinen ersten Treffen mit George Soros und dem jetzigen UN-Sonderberater Jeffrey D. Sachs (für die er beide dann doch nicht arbeitete).
Aktuell sei jetzt sein neuestes Buch in der Endphase der Produktion, erzählt Vaclav Klaus in Wien: Es trägt den Titel “Die Selbstzerstörung Europas”. Der frühere tschechische Präsident sagt dazu: “Das ist mir wichtig: Die Zerstörung kommt nicht von außen – sondern von innen heraus.” Wir Europäer würden unsere großen Probleme selbst verschulden – darunter wären auch eine Art grüner Wahn plus massive Fehler in der Zuwanderungs-Frage.
"Putin ist absolut konzentriert auf das Thema"
Ebenfalls ein Punkt, den Vaclav Klaus vielleicht optimistischer beurteilen möchte, als er es dann absolut realistisch doch tut: die Situation mit der Ukraine. “Natürlich” müsse es einen Waffenstillstand geben, meint Klaus: “Aber wer will diesen Waffenstillstand jetzt?” Es wäre auch “völlig egal”, was der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagen würde – über Krieg und Frieden würde in den USA entschieden werden.
Der tschechische Ex-Präsident erzählt dann im Speise-Salon des Hotel Bristol, wie er Wladimir Putin einschätzt, den er bereits mehrmals getroffen hat: “Absolut konzentriert auf das Thema, kalt, ja: eiskalt.” Bei einem Gesprächstermin mit ihm kam etwa der Präsident der Russischen Föderation mit einem “hohen Stapel an Unterlagen, das waren sicher 500 Seiten” – dann begann Putin alles durchzugehen, ohne sich ablenken zu lassen. Jelzin sei da doch ziemlich anders gewesen.
Wechsel in der Politik? Klaus: "Unzufriedenheit allein reicht nicht"
Über die jetzige Regierung in Tschechien will Vaclav Klaus nicht allzu viel sagen – nur: “Schrecklich, es ist schrecklich.” Und zur aktuellen Positionierung seines Heimatlandes auf absoluter NATO-Linie meint der Ex-Präsident: “Viele Tschechen denken sich vielleicht: Jetzt kann ich für die Freiheit kämpfen – was ich damals 1968 nicht getan habe. Und es ist absurd, was die Regierung jetzt für Waffenkäufe ausgibt.”
Der langjährige Top-Politiker sieht die Situation für einen Umschwung in Europa nicht wirklich optimistisch: “Ja, die Menschen sind unzufrieden mit vielem. Aber reicht das für den Wechsel von Regierungen? Ich sage: Es reicht noch nicht. Es müsste ein ,Tipping Point’, ein Kipppunkt, dazukommen, dann ist ein Richtungswechsel möglich.”
Vaclav Klaus trifft nach seinem Vortrag beim Forum Mitteleuropa in Kürze auch wieder Viktor Orban – den er für seine Politik “für seine Landsleute” lobt: “Orban macht das wirklich gut.”
Am Samstag findet beim Forum Mitteleuropa, das von Wolfgang Baumann und seinem Team vom Liberalen Klub organisiert ist, ab 10.00 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema “Kritische Medien in Österreich – erwünscht?” im Palais Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz in Wien statt. Bei dieser Diskussion dabei: Politikexperte Heimo Lepuschitz und eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt.
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