Dass ein Kommunalwahlkampf weltweite Aufmerksamkeit erregt, kommt nicht oft vor. In Köln ist es „gelungen“.

CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und Volt haben ein „Fairness-Abkommen“ unterschrieben: Bis zur NRW-Wahl sollen negative Zuschreibungen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchteten unterbleiben. Ziel laut Initiatoren („Kölner Runder Tisch für Integration“): keine Stimmung auf Kosten von Migranten. Die Maulkorb-Vereinbarung legt wörtlich fest, dass „Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge nicht für negative gesellschaftliche Entwicklungen wie die Arbeitslosigkeit oder die Gefährdung der Inneren Sicherheit verantwortlich gemacht werden“ dürfen.

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Die AfD wurde von der Unterzeichnung ausgeschlossen. Die Folge: Sie bleibt vor Ort die einzige Kraft, die kritische Aspekte der Einwanderung offensiv anspricht. Politologe Werner Patzelt nennt das eine „taktische Dummheit“: Wer heikle Themen aussperrt, überlässt sie der AfD – und schwächt die offene Auseinandersetzung, wie er gegenüber Bild festhält.

Doch das ist nicht die einzige kontraproduktive Folge.

CDU unter Beschuss – Streit um Erstaufnahme

Trotz Unterschrift knirscht es: Die CDU kritisierte per Flyer eine geplante Erstaufnahmeeinrichtung des Landes NRW mit bis zu 500 Plätzen. Der Flüchtlingsrat sieht darin einen „groben Verstoß“ gegen das Abkommen, der Runde Tisch wollte das Thema am liebsten ganz aus dem Wahlkampf heraushalten. Kölns CDU-Chefin Serap Güler nennt die Rügen „übergriffig“: Man mache keine Stimmung gegen Geflüchtete, halte die Einrichtung in dieser Größe aber für falsch.

Kurz: Der Wahlkampf droht sich darin zu verbeißen, wer das Abkommen einhält – und wer es skandalöserweise bricht. Die Parteien stehen mit ihrer Selbstzensur vor allem bei den Initiatoren des Maulkorbs im Wort, nicht beim Wähler. So wird die Entemotionalisierung des Wahlkampfs kaum gelingen.

Musk schaltet sich ein – klares Signal vor NRW

Diese Posse hat Elon Musk auf den Plan gerufen. Mit Blick auf das Kölner Abkommen positioniert sich der Tech-Unternehmer erneut auf X: „Nur die AfD kann Deutschland retten!“ Ähnliche Aussagen hatte er bereits zuvor gemacht; zudem gab es Gespräche mit AfD-Chefin Alice Weidel auf X und einen Video-Auftritt bei einem AfD-Wahlkampfauftakt.

Aufgrund der jüngsten Vorgänge im Kommunalwahlkampf sieht er sich offenbar bestätigt. Sein Statement verstärkt die Wahrnehmung der AfD als Gegenpol im Migrationsdiskurs.

NRW als Stimmungstest

Beobachter erwarten Zugewinne für die AfD, besonders im Ruhrgebiet. In Gelsenkirchen lag sie bei der Bundestagswahl im Februar mit 24,7 Prozent knapp vor der SPD; 2020 holte sie kommunal landesweit rund fünf Prozent. Am 14. September zeigt sich, wie stark Kölner Maulkorb und Musks Signal die Wähler mobilisieren.