Erdoğan macht Druck: Kiew soll in Istanbul mit Russland verhandeln
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan erhöht den diplomatischen Druck auf Kiew: Mit Nachdruck forderte er den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij in einem Telefonat dazu auf, die bevorstehenden Friedensverhandlungen mit Russland in Istanbul nicht zu boykottieren.
Wie das Präsidialamt in Ankara am Freitagabend mitteilte, habe Erdoğan seinem ukrainischen Amtskollegen in dem Gespräch „die Bedeutung einer Teilnahme beider Parteien mit starken Delegationen in Istanbul“ verdeutlicht. Ausdrücklich verwies der türkische Staatschef auf die Chance, den stockenden Friedensprozess durch ein mögliches persönliches Treffen der Präsidenten beider Länder entscheidend voranzubringen. „Ein Treffen der Staatsoberhäupter beider Länder im Anschluss an die Verhandlungen könnte den Friedensprozess weiter voranbringen“, erklärte Erdoğan.
Noch hat die Ukraine offen gelassen, ob sie tatsächlich eine Delegation nach Istanbul entsendet. Laut Angaben von Selenskij sei es in dem Gespräch mit Erdoğan zunächst um die Bedingungen einer ukrainischen Teilnahme gegangen. Auf der Plattform X schrieb er: „Bei einer ukrainischen Teilnahme [müsse es] echte Ergebnisse geben.“ Details nannte er nicht.
Zwar habe der jüngste Gefangenenaustausch „ein wichtiges Ergebnis der Verhandlungen in Istanbul Mitte Mai“ dargestellt, so Selenskij, doch sei dies „leider das einzige“. Er betonte erneut, dass ein Waffenstillstand die Grundvoraussetzung für eine Bewegung in Richtung Frieden darstelle.
Darüber hinaus sei bei dem Telefonat auch ein mögliches Vierer-Treffen zur Sprache gekommen – mit den Präsidenten der Ukraine, Russlands, der Türkei und der Vereinigten Staaten. Weitere Informationen ließ Selenskij zunächst offen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Istanbuls Rolle bei früheren Verhandlungen: Hoffnung und Scheitern
Die Wahl Istanbuls als möglicher Verhandlungsort hat historische wie symbolische Bedeutung. Schon im Frühjahr 2022, wenige Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs, hatte die türkische Metropole kurzzeitig als Schauplatz für Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau gedient. Damals schien eine diplomatische Lösung greifbar nah. Ein vorläufiges Papier über Sicherheitsgarantien lag auf dem Tisch, begleitet von einer Bereitschaft beider Seiten, über Neutralität und territoriale Integrität zu verhandeln.
Doch trotz intensiver Vermittlungsbemühungen – auch seitens der Türkei – scheiterte die Annäherung letztlich. Verschiedene externe Einflussfaktoren, darunter auch geopolitische Kalküle westlicher Akteure, ließen den Dialog versanden.
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