Es wird eng für Von der Leyen: Pfizer-Deal könnte Fall für Staatsanwalt werden
Im EU-Parlament steigt der Zorn über die Kommissionspräsidentin: Unglaubliche 35 Milliarden Euro hat die Lieferung der Pfizer-Impfstoffe die Steuerzahler gekostet. Ursula von der Leyen hatte den umstrittenen Mega-Deal zuvor eingefädelt. Nun verweigert sie jede Auskunft darüber. Damit hat sie den Bogen womöglich überspannt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sorgt sich bekanntlich um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Polen, Ungarn und neuerdings auch in Italien. Doch wenn es um Transparenz in der EU geht, legt sie sich quer, selbst wenn es um den teuersten Vertrag in der Geschichte der EU geht. Das macht selbst erfahrene EU-Beamte fassungslos.
Mittlerweile rufen EU-Abgeordnete sogar nach dem Staatsanwalt. Von der Leyens merkwürdige Geheimniskrämerei rund um den von ihr gefädelten Mega-Deal mit Impfstoff-Hersteller Pfizer nährt nämlich den Verdacht, dass dabei bei dem höchst umstrittenen Vertrag nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Der Pfizer-Deal: Teurer als üblich und wettbewerbsverzerrend
Das Geschäft war von spektakulärem Umfang, sowohl hinsichtlich seiner Menge – 1,8 Milliarden (!) Corona-Impfstoff-Dosen sollen bis 2023 zugeliefert werden – als auch hinsichtlich seines finanziellen Umfangs: Er kostet die Steuerzahler sage und schreibe 35 Milliarden Euro. Mit diesem Vertrag half die EU-Kommission Pfizer, Alternativen vom Markt zu verdrängen, der eXXpress berichtete. Trotz hoher Nachfrage wurde ein Bestellauftrag von Valneva-Totimpfstoffen storniert, während sich Pfizers Umsatz im Vorjahr verdoppelte.
Mit diesem Riesen-Deal ist der Preis pro Biontech-Impfdosis von zuvor 15,50 Euro auf 19,50 Euro gestiegen, wie der ehemalige bulgarische Premier Boyko Borrisov bekannt machte, aus Zorn über die Summe. Die Verbraucherorganisation SumOfUs in Washington wirft Ursula von der Leyen vor, in persönlichen Gesprächen mit Pfizer-Chef Albert Bourla einer kräftigen Preiserhöhung zugestimmt zu haben, obwohl bei der enormen Menge eigentlich ein Rabatt nahelegend gewesen wäre.
Ungewöhnlich: Von der Leyen fädelte den Vertrag anscheinend in persönlichen Gesprächen ein
Das alles beschäftigt nicht nur die Haushaltskontrolleure des EU-Parlaments, die laut der “Berliner Morgenpost” bereits eine Rüge vorbereiten, das rief auch den Europäischen Rechnungshof auf den Plan. Dass Von der Leyen den Deal offenbar persönlich in Gesprächen mit Bourla eingefädelt hat, ist höchst ungewöhnlich. Die Rechnungsprüfer baten die Kommission um sämtliche Infos über die Vorverhandlungen, darunter auch die beigezogenen Sachverständigen, sowie Details zu den vereinbarten Bedingungen – und holten sich nasse Füße.
Die EU-Kommission übermittelte schlicht gar keine Informationen. Intern sollen sich die Prüfer fassungslos zeigen, berichtet die Moregenpost: “Dieses Verhalten ist höchst ungewöhnlich, so etwas hat es noch nie gegeben”, ist zu hören.
SMS werden zurückgehalten, Von der Leyens Ehemann arbeitet in Pharma-Industrie
Bereits 2021 hatte die “New York Times” von SMS und Telefonaten zwischen Von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla berichtet, dabei könnte “persönliche Diplomatie” eine große Rolle für die Vergabe der Impf-Aufträge gespielt haben. Auch hier schweigt Von der Leyen eisern über den Inhalt der Gespräche und Nachrichten. Sie sollen nur bezüglich des Impfstoff-Deals nicht relevant sein, heißt es.
Dass der Ehemann der EU-Kommissionspräsidentin Heiko von der Leyen seit September 2020 medizinischer Direktor des amerikanischen biopharmazeutischen Unternehmens Orgenesis ist, sorgt auch nicht gerade für eine vorteilhafte Optik. Mittlerweile reicht es auch vielen im EU-Parlament, quer durch alle Fraktionen.
EU-Abgeorndete überlegen, die Europäische Staatsanwaltschaft einzuschalten
Die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Monika Hohlmeier (CSU), hält die Zurückhaltung der Informationen für “sehr besorgniserregend”. Im Corona-Sonderausschuss des EU-Parlaments ist die Empörung groß. Ausschusschefin Kathleen van Brempt von den Sozialdemokraten fordert schon länger, von der Leyen müsse die Informationen über ihre Gespräche vorlegen.
Bei einer der letzten Ausschusssitzungen schimpfte die Grünen-Abgeordnete Michele Rivasi: “Es ist nicht normal, dass die Kommissionspräsidentin mit dem Vorstandschef direkt verhandelt, auch über die Preise. Es gibt doch Regeln”. Die Französin regte an, jetzt die Europäische Staatsanwaltschaft oder die EU-Betrugsbehörde Olaf einzuschalten.
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