Die Ukraine erhält weiterhin massive Unterstützung – und Europa übernimmt dabei zunehmend die Führungsrolle. Laut den jüngsten Update des Ukraine Support Trackers der Universität Kiel haben die europäischen Staaten im Mai und Juni 2025 Militärhilfen im Umfang von 10,5 Milliarden Euro zugesagt. Ein entscheidender Teil davon stammt nicht mehr aus alten Lagerbeständen, sondern direkt aus der Rüstungsindustrie. Damit hat Europa die USA bei der über die Industrie abgewickelten Militärhilfe in der Zwischenzeit überholt.

Rekordpakete aus Berlin, Oslo und Brüssel

Deutschland schnürte im aktuellen Zeitraum das größte Einzelpaket: Fünf Milliarden Euro Militärhilfe. Norwegen folgt mit 1,5 Milliarden Euro, Belgien mit 1,2 Milliarden Euro. Auch die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Dänemark steuerten jeweils zwischen 500 und 600 Millionen Euro bei.

Währenddessen erlaubten die USA im Mai erstmals seit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus wieder größere Rüstungsexporte in die Ukraine. Doch ein Unterschied ist entscheidend: Die Lieferungen erfolgen nicht als Hilfsleistung, sondern als reguläre Verkäufe, die Kiew selbst finanzieren muss.

Milliardenaufträge für die Rüstungsindustrie

Von den 10,5 Milliarden Euro, die Europa im Mai und Juni bereitstellte, fließen mindestens 4,6 Milliarden Euro direkt in Rüstungsverträge. Das bedeutet: Anstatt alte Bestände aus den Arsenalen zu verschenken, beauftragen die Regierungen zunehmend Unternehmen in Europa und der Ukraine.

Seit Kriegsbeginn summiert sich dieser Posten auf 35,1 Milliarden Euro – und damit 4,4 Milliarden Euro mehr als die USA über die Industrie bereitgestellt haben.

„Die Militärhilfe für die Ukraine wird verstärkt von den Kapazitäten der Rüstungsindustrie bestimmt“, sagt Taro Nishikawa, Projektleiter des Ukraine Support Trackers. „Europa hat inzwischen mehr über neue Rüstungsverträge beschafft als die USA – das zeigt eine klare Abkehr von der Abgabe aus Lagerbeständen hin zur industriellen Produktion. Um eine pünktliche und wirkungsvolle Lieferung der zugesagten Hilfsleistungen zu gewährleisten, braucht Europa daher eine starke und belastbare Rüstungsindustrie.“

Kredite über Erlöse aus eingefrorenem russischem Vermögen

Auch finanziell bleibt die Unterstützung hoch. Allein im Mai und Juni stellten die G7 rund 6,3 Milliarden Euro bereit – hauptsächlich über den ERA-Kreditmechanismus (Extraordinary Revenue Acceleration). Dieses Instrument nutzt die Erlöse aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten, um der Ukraine Kredite zu verschaffen. Insgesamt stehen 45 Milliarden Euro zur Verfügung.

In den beiden Monaten flossen zwei Milliarden Euro aus der EU, 1,5 Milliarden aus Kanada und 2,8 Milliarden aus Japan.

Nishikawa betont: „Der ERA-Kreditmechanismus ist ein zentrales Instrument, um die finanzielle Stabilität der Ukraine angesichts steigender Wiederaufbaukosten und wirtschaftlicher Belastungen durch den anhaltenden Krieg zu gewährleisten.“

Aber: Wie lange hält die Unterstützung?

Die Hilfsgelder, die bereits im Oktober 2024 zugesagt wurden, werden nun nach und nach ausgezahlt. Doch die verfügbaren Mittel schwinden. Ob die Geberländer ihr hohes Unterstützungsniveau dauerhaft aufrechterhalten können, ist offen.

Der Ukraine Support Tracker

Das Monitoring erfasst sämtliche militärischen, finanziellen und humanitären Hilfen seit dem 24. Jänner 2022. Beteiligt sind 41 Länder, von allen EU-Staaten über die G7 bis hin zu Australien, Südkorea, Taiwan und Island. Grundlage sind offizielle Regierungsangaben und internationale Medienberichte. Hilfen internationaler Organisationen wie des IWF oder private Spenden sind nicht enthalten.