Die blau-schwarzen Koalitionsgespräche und die sich abzeichnende Kanzlerschaft von Herbert Kickl (FPÖ) sind ganz im Sinne der Mehrheit der Österreicher – nicht aber des bisherigen politischen Establishments. Das zeigt sich dieser Tage wieder einmal.

Ehemalige Politgrößen aus den Reihen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Liberalem Forum versammelten sich am Freitag vor dem Stein der Republik im ersten Wiener Gemeindebezirk. Ihr Anliegen: die sich abzeichnende blau-schwarze Regierung unter Bundeskanzler Herbert Kickl zu verhindern. Ihnen passen die gegenwärtigen Regierungspläne nicht, sie sorgen sich um die Demokratie und sparen teils auch nicht mit Kritik an der ÖVP. Alle fordern „eine zweite Chance für die Zweite Republik”.

(v.l.n.r.) Heinz Mayer, Terezija Stoisits, Heinz Fischer, Heide Schmidt, Franz Fischler, Rudolf Anschober, Ferdinand Lacina und Michael Ikrath anlässlich des Pressegesprächs der Initiative „Ein Versprechen für die Republik“.APA/HANS KLAUS TECHT

Die Umfragen zeigen ein anderes Bild: Die Mehrheit wünscht sich eine blau-schwarze Regierung. So wollen etwa laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek für den Polit-Talk „Aktuell: Die Woche“ nur 26 Prozent weiterhin eine Regierungsbildung von ÖVP, SPÖ und NEOS. 41 Prozent sprechen sich hingegen für Blau-Schwarz aus. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Frage nach einer möglichen Direktwahl des Bundeskanzlers. Hier kann sich seit Monaten FPÖ-Obmann Herbert Kickl über die höchsten Zustimmungswerte freuen.

Heinz Fischer: „Wir wollen keinen Volkskanzler Kickl”

Die Polit-Granden haben eine andere Sicht. Am deutlichsten wurde der ehemalige Bundespräsident und Nationalratspräsident Heinz Fischer (SPÖ): „Wir wollen insbesondere keinen Volkskanzler Kickl, der Österreich konsequenterweise zu einer Volksrepublik machen würde.”

Fischer zeigte sich besorgt um eine offene Gesellschaft, die Gleichberechtigung der Frauen und die EU, gleichzeitig warnte vor nationalistischer Retropolitik: „Wir wollen weiterhin eine offene Gesellschaft, wir stehen zum Europäischen Projekt, wir wollen keinen Druck auf Medien, wir wollen keine nationalistischen Feindseligkeiten und wir wollen auch keine Retropolitik, zum Beispiel eine Politik gegen die Gleichberechtigung der Frauen.“

Heinz Fischer (Bild) befürchtet „nationalistische Feindseligkeiten“.APA/HANS KLAUS TECHT

Heide Schmidt: „FPÖ kann unsere Demokratie zerstören”

Alarmierende Worte fand auch die ehemalige Dritte Nationalratspräsidentin und Gründerin des Liberalen Forums Heide Schmidt: „Die FPÖ hat das Zeug dazu, unsere Demokratie zu zerstören.“

Franz Fischler: Österreichs Isolation wäre fatal

EU-Kommissar a.D. Franz Fischler betonte, dass eine Isolation Österreichs fatale Folgen für unser Land hätte: „Für unsere Bevölkerung ist es fundamental, Europa gerade jetzt zu stärken. Nur Miteinander können wir erreichen, dass wir technologisch an die Spitze kommen. Nur so können wir unseren Wohlstand erhalten.“

Rudolf Anschober ist besorgt um den Klimaschutz

Ex-Grünen-Gesundheitsminister Rudolf Anschober pochte auf den Klimaschutz, der keinen Rückschritt verkrafte: „Krisen verlangen Innovation, Kreativität und Zusammenarbeit. Stattdessen wird mit einer Abschottungspolitik versucht, mit veralteten Rezepten die Krisen von heute zu lösen.“

Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina (r., SPÖ) hat vor zwei Jahren Andreas Babler als SPÖ-Chef unterstützt.APA/HANS KLAUS TECHT

Ex-ÖVP-Parlamentarier warnt vor illiberaler Demokratie

Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) wandte sich gegen die Sparpläne zur Haushaltsführung. Das hemme nur Wirtschaftswachstum.

Michael Ikrath, langjähriger Parlamentarier der Volkspartei, warnte vor den Folgen von Blau-Schwarz für die unabhängige Justiz: „Die Freiheitlichen wollen den Weg in die illiberale Demokratie beschreiten.“ Er befürchtet: „Die ÖVP macht sich zur Filiale der FPÖ. “

Terezija Stoisits fürchtet um „Friedas for Future”

Die ehemalige Volksanwältin und Grünen-Politikerin Terezija Stoisits kritisierte die Volkspartei: „Herbert Kickl kann nur Kanzler werden, wenn die ÖVP es zulässt“. Sie warnte vor den Folgen eines autoritären Regierungsstils: „Die Zivilgesellschaft vertritt auch alle jene, die nicht gewählt haben oder nicht wählen dürfen. Genau jene, von kirchlichen Organisationen bis Fridays for Future, laufen Gefahr beschränkt, beschnitten und zensiert zu werden. Nie hätte ich mir vorstellen können, dass eine Partei wie die ÖVP mit solchen Verdiensten um die Zweite Republik so verkommen kann.“

Terezija Stoisits (Grüne) verweist auf die Wichtigkeit von NGOs.APA/HANS KLAUS TECHT

Prof. Heinz Mayer: „Extreme Rechte nicht disziplinierbar”

Der ehemalige Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Prof.  Heinz Mayer meinte: „Es gibt Alternativen zu Blau-Schwarz, aber das muss man wollen. Da braucht es den Willen, nicht nur Parteiinteressen sondern Republikinteressen voranzustellen. Die extremen Rechten sind nicht diszipinierbar in einer Regierung.“

Organisiert wurde die Veranstaltung von den Initiativen „Ein Versprechen für die Republik“, „Republikanischer Club – Neues Österreich“ und „Saubere Hände – Stoppt Korruption“.

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