Nachdem Republikaner im Aufsichtsausschuss des Repräsentantenhauses E-Mails veröffentlicht haben, die der Ökonom Larry Summers über mindestens sieben Jahre mit Jeffrey Epstein austauschte, hat Summers angekündigt, sich aus seinen öffentlichen Verpflichtungen zurückzuziehen. Der ehemalige Harvard-Präsident will jedoch seinen Lehrtätigkeiten an der Universität weiter nachkommen.

Die E-Mail-Korrespondenz zwischen dem verurteilten Straftäter Epstein und dem ehemaligen Harvard-Präsidenten belegen, dass ihre Freundschaft sehr viel vertrauter war, als bislang vermutet. In den Hunderten von Nachrichten, die Summers und Epstein ausgetauscht haben – Teil eines Bestands von 23.000 Dokumenten, die letzte Woche vom House Oversight Committee veröffentlicht wurden –, schenkte Summers Epstein außerordentliches Vertrauen.

Vertrautes Verhältnis zu einem Verbrecher

So kann man nachlesen, wie Summers und Epstein regelmäßig über Frauen, Politik und Projekte im Zusammenhang mit Harvard korrespondierten. Sie scheinen bis März 2019 – nur wenige Monate vor Epsteins Verhaftung und Tod – einen engen Briefwechsel unterhalten zu haben. In Dutzenden von E-Mails, die Summers von seinem privaten Konto aus verschickte, scheint er Epstein auch ganz ungezwungen über sein Privatleben geschrieben zu haben. Manchmal vertraute er Epstein seine Beziehung zu einer namentlich nicht genannten Frau an.

2019: In einer Mail an Epstein beschwert sich Summers, dass er von einer Frau einen Korb bekam.NIUS/NIUS

Dabei bat Lawrence Henry „Larry“ Summers aber immer um Diskretion: Er wollte nicht, dass herauskam, dass er mit Epstein in Kontakt stand. Auf die Sexualverbrechen des Multimillionärs, der über Jahre einen Missbrauchsring betrieb, dem zahlreiche junge Frauen und Minderjährige zum Opfer fielen – scheint Summers in keiner der Nachrichten Bezug zu nehmen. Jetzt schrieb Summers zerknirscht: „Ich empfinde große Reue in meinem Leben. Wie ich bereits gesagt habe, war meine Verbindung zu Jeffrey Epstein ein großer Fehler.“

„Immer diskret bleiben“: Summers bittet Epstein um Verschwiegenheit.NIUS/NIUS

Pikant: Larry Summers war in den Jahren der Clinton- und der Obama-Regierung der „go-to“-Ökonom in Krisen- und Boomzeiten: unter Clinton der Architekt des Überschuss- und Deregulierungszeitalters, unter Obama der Krisenmanager der Großen Rezession, geschätzt für seine intellektuelle Schärfe und seinen Pragmatismus. Bis heute gilt Summers als einer der einflussreichsten Ökonomen der demokratischen Partei der letzten 30 Jahre und als eine Art „Brücke“ zwischen der Clinton- und der Obama-Ära.

Unverzichtbarer Mann für Clinton und Obama

Zu Präsident Bill Clinton hatte Summers eine sehr enge und langjährige berufliche Beziehung, war stellvertretender Finanzminister unter Robert Rubin und von 1999 bis 2001 dessen Nachfolger. Clinton und Summers hatten ein sehr vertrauensvolles, fast freundschaftliches Verhältnis, Summers selbst sagte später, dass die Arbeit für Clinton eine der glücklichsten und produktivsten Phasen seines Lebens gewesen sei.

Auch zu Präsident Barack Obama hatte Summers eine sehr enge, wenn auch kürzere Beziehung. Obama holte ihn 2009 als einen seiner wichtigsten Wirtschaftsberater ins Weiße Haus. 2009–2010 (informell bis 2011) agierte Summers als Direktor des National Economic Council (NEC). Während der akuten Phase der Finanzkrise 2008/2009 war er zentraler Wirtschaftsberater.

Bill Clinton hatte eine dokumentierte und enge soziale sowie berufliche Beziehung zu Jeffrey Epstein, die vor allem nach dem Ende seiner Präsidentschaft (2001) zunahm. Diese Verbindungen umfassen Flüge mit Epsteins Privatjet (bekannt als „Lolita Express“), Treffen und Spenden an die Clinton Foundation. Auch Larry Summers war häufig an Bord von Epsteins Boeing 727.

Kommt bald noch mehr?

Im Gegensatz zu Clinton gibt es keine direkten Belege für Treffen zwischen Obama und Epstein, auch wenn einige Mitarbeiter aus Obamas Administration Kontakte zu ihm unterhielten – wie eben Larry Summers.

Zu Beginn der 2000er Jahre war Summers Präsident der Elite-Universität Harvard, allerdings mit einer rekordverdächtig kurzen Amtszeit: Wegen abfälliger Bemerkungen über Frauen in den Naturwissenschaften und Technik musste er nach fünf Jahren seinen Hut nehmen. Zuletzt hatte der Ex-Minister neben einer Harvard-Professur auch etliche andere Posten inne, unter anderem im Vorstand von ChatGPT-Betreiber OpenAI und als Kolumnist für Bloomberg News. Aus solchen Verpflichtungen will sich Summers nun zurückziehen.

Heute wollen die Abgeordneten im Repräsentantenhaus über die Veröffentlichung von Ermittlungsakten zum Fall Epstein abstimmen, Präsident Donald Trump hat in einer späten Wende grünes Licht signalisiert. Weitere Enthüllungen über mögliche Verwicklungen einflussreicher Kreise in den Skandal um Epstein, der weitreichende Kontakte in die High Society und höchste politische Kreise besaß, sind dann zu erwarten.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partner-Portal NiUS erschienen.