Der israelische Terrorismusforscher Eran Lahav stellt gegenüber dem exxpress klar: Der neue Gaza-Plan von Donald Trump ist für Hamas ein Ultimatum ohne Schlupflöcher. „Trump verlangt die Freilassung aller israelischen Geiseln innerhalb von 72 Stunden – falls Hamas dem nicht nachkommt, wird sie die Konsequenzen tragen“, sagt Lahav. Für die Terrororganisation sei das ein Wendepunkt: „Wenn der Plan scheitert, wird auch sie zusammenbrechen.“

Die Hamas-Terroristen stehen mit dem Rücken zur Wand, sagt Eran Lahav.APA/AFP/Eyad BABA

Der Experte für den globalen Dschihad betont, dass Trump neben der sofortigen Freilassung aller Geiseln auch die vollständige Entwaffnung der Hamas fordere. Das erinnere an die Lage im Libanon, wo die Hisbollah derzeit ebenfalls unter Druck stehe, die Waffen niederzulegen. „Jeder Täuschungsversuch oder jede heimliche Aufrüstung der Hamas wird Trump direkt vorgelegt werden“, warnt Lahav.

Trump-Plan: Ultimatum und Wiederaufbau

Kernelemente von Donald Trumps umfassendem 20-Punkte-Plan sind das 72-Stunden-Ultimatum für die Freilassung aller Geiseln, die totale Entwaffnung der Hamas und ihre dauerhafte Ausschaltung aus jeder Regierungsrolle in Gaza. Zugleich sieht der Plan den sofortigen Zufluss internationaler Hilfen und den Aufbau einer „terrorfreien Zone“ vor, die Gaza wirtschaftlich neu beleben soll. Eine internationale Übergangsverwaltung unter Trumps Vorsitz soll den Wiederaufbau begleiten.

Donald Trump sieht seinen Gaza-Plan als Wendepunkt für die Region.APA/AFP/Jim WATSON

Der US-Präsident selbst formulierte scharf: Hamas habe „drei bis vier Tage“ Zeit, den Plan anzunehmen. „Wenn nicht, wird Israel tun, was es tun muss. Wenn Hamas nicht zustimmt, wird das ein sehr trauriges Ende“, sagte er. Israels UN-Botschafter Danny Danon ergänzte in New York: „Wenn Hamas den Plan ablehnt, wird Israel die Sache zu Ende bringen – auf die leichte oder die harte Tour.“

Keine Rolle für die Palästinensische Autonomiebehörde

Auch die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) komme in Trumps Plan nicht ungeschoren davon, betont Lahav. Sie solle in Gaza keine Rolle spielen, solange sie keinen „mutigen und radikalen Wandel“ vollziehe. Das bedeute: keine Terroristenfinanzierung mehr, keine Schulbücher, die Hass und Antisemitismus fördern, und ein Ende der Hetze gegen Israel in internationalen Institutionen wie UNO und Internationalem Strafgerichtshof. „Solange diese Strukturen bestehen, wird die PA in Gaza keinen Platz haben“, erklärt der Experte.

Ohne grundlegende Reform wird die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) laut Trumps Plan keine wesentliche Rolle im Gazastreifen spielt. Im Bild: PA-Präsident Mahmoud Abbas.APA/AFP/Zain JAAFAR

Der Trump-Plan schreibt dazu vor, dass Gaza „unter der temporären Übergangsverwaltung eines technokratischen, apolitischen palästinensischen Komitees“ stehen soll – beaufsichtigt von einem internationalen „Board of Peace“. Erst wenn die Palästinensische Autonomiebehörde ihr Reformprogramm vollständig umgesetzt hat, könne sie „sicher und effektiv die Kontrolle über Gaza zurückerlangen“.

Hamas in der Falle

Für Lahav ist klar: Hamas habe kein Interesse an einer Entwaffnung. Schon jetzt hetzten ihre Unterstützer öffentlich und in sozialen Netzwerken – noch vor der Umsetzung des Plans. „Der Druck richtet sich also sowohl gegen Hamas als auch gegen die Palästinensische Autonomiebehörde. Beide sind in einer Falle: Ihre aggressive Politik ist blockiert.“

Trump: „Wenn Hamas ablehnt, wird es ein sehr trauriges Ende geben.“APA/AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Dass Hamas den Plan rundheraus ablehnt, sei absehbar: „Gestern erklärte Hamas-Sprecher Taher Al-Nunu bereits, die Organisation werde einer Entwaffnung nicht zustimmen. Wir alle wissen, dass Hamas andere Absichten verfolgt: Sie fordert die Eliminierung Israels und betreibt täglich Aufstachelung.“

Laut US-Medien wägen Hamas und andere palästinensische Gruppen intern zurzeit ab, , ob sie den Plan annehmen – aus Angst, sonst von Israel vollständig zerschlagen zu werden.

Kein Ausweg: Zustimmung oder Zerschlagung

Lahav beschreibt die Lage unmissverständlich: „Hamas steht unter Druck, weil sie in der Falle sitzt: Entweder sie stimmt diesem Plan zu – oder Israel wird sie sofort militärisch besiegen und die Terrororganisation zerschlagen.“

Die Umsetzung des Plans könne allerdings schwierig werden, gibt der Terrorforscher zu bedenken. Denn auch externe Akteure wie Golfstaaten oder die Türkei seien einbezogen und sollten Teile der Überwachung übernehmen. „Es stellt sich die Frage: Wohin werden Terroristen mit Blut an den Händen gebracht? In die Türkei? Wird die Türkei das nächste Hamas-Hauptquartier im Ausland? Wird Islamisten-Präsident Erdoğan Hamas unterstützen oder nicht?“

Für Lahav wirft das große Fragezeichen auf – entscheidend bleibe aber noch etwas: „Dieser Plan beinhaltet die Rückkehr aller Geiseln, nicht nur eines Teils von ihnen.“

Eran Lahav leitet die Nahost-Abteilung am David Institute for Policy & Research (IDSF) in Israel. Er ist OSINT-Spezialist (Open Source Intelligence), Terrorismusexperte mit Fokus auf globalen Dschihad, iranische Stellvertreter und Desinformation. Er verantwortet Forschung, strategische Analysen und Policy-Guidance zur regionalen Sicherheit und moderiert den Podcast Al Hakavenet („Im Fadenkreuz“) zu Terrorismus, arabischer Welt, Sicherheit und Nahost.

Lahav ist zudem Autor von The Exporter (erste hebräischsprachige Soleimani-Biografie) und The Code of Jihad, publizierte unter anderem in Newsweek, Bild, Israel Hayom, Ynet und der Jerusalem Post. Er spricht fließend Arabisch und gilt international als gefragter Analyst.

Der israelische Terrorismusforscher gilt als führender Experte für den globalen Dschihad und Stellvertreterorganisationen des Iran. Er ist leitender Forscher in der Sicherheitsbewegung, Moderator des Podcasts On the Target und veröffentlichte das erste biografische Buch über Qassem Soleimani. Davor arbeitete er unter anderem in israelischen Botschaften, im Geheimdienstkorps und als Analyst für soziale Netzwerke.