Fieberhaftes Ringen um Getreide-Exporte aus der Ukraine
Im Nahen Osten droht eine Hungersnot samt Flüchtlingswelle, weltweit droht eine Nahrungsmittelkrise: Die Ukraine kann zurzeit kein Getreide liefern. Wladimir Putin fordert eine Lockerung der Sanktionen, dann würde Russlands Marine nicht länger die Exporte bei den Häfen blockieren. Auch die G7-Staaten arbeiten unter Hochdruck an einer Lösung.
Die Ukraine kann als großer Weizenproduzent zurzeit das Getreide nicht ausführen. Der Grund: Die russische Kriegsmarine blockiert die Häfen. Ohne Export von Getreide aus der Ukraine droht aber eine weltweite Nahrungsmittelkrise. Deshalb fordert Kiew seit Wochen vom Westen schwere Waffen, um den Weg für den Schiffsverkehr freizuschießen.
"Getreide-Export ohne Hemmnisse", sofern der Westen die Sanktionen lockert
Genau davor warnte Putin in einem Telefonat den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Die Lieferung schwerer Waffen berge das Risiko einer weiteren Destabilisierung der Lage und der Verschärfung der humanitären Krise.
Er wartete dafür mit einem anderen Vorschlag auf: Putin stellte Scholz und Macron im Falle einer Lockerungen der Sanktionen gegen Russland die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine in Aussicht. Russland sei “bereit”, Möglichkeiten “für einen Getreide-Export ohne Hemmnisse zu finden”, sagte Putin nach Kreml-Angaben am Samstag im Telefonat. Ähnlich hatte sich zuvor Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Freitag nach einem Telefonat mit Putin geäußert.
20 Millionen Tonnen Getreide drohen zu verrotten
Unter Hochdruck arbeiten auch die G7-Staaten an einer Lösung. Das berichtet der britische Premierminister Boris Johnson. Er und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seien sich einig, dass Russland diese Blockade aufgeben und sichere Schiffsrouten gewährleisten müsse.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Verhandlungen über einen Korridor und die Freigabe für den Export gefordert. Rund 20 Millionen Tonnen Getreide aus der vergangenen Ernte können laut der früheren ukrainischen Finanzministerin Natalie Jaresko derzeit nicht verschifft werden. Die Ukrainer hätten keinen Platz mehr in ihren Silos. Die neue Ernte drohe zu verrotten. Letztlich aber werde die Krise die ganze Welt treffen: Nahrungsmittelknappheit werde in vielen Ländern zu Unruhen führen.
Ukrainisches Getreide großteils über Schwarzmeerhäfen verschifft
Wegen ihrer fruchtbaren Böden ist die Ukraine einer der wichtigsten Weizenexporteure weltweit. Hinzukommen hohe Weltmarktanteile bei Gerste, Mais und Sonnenblumenöl. UNO-Angaben zufolge wurden 2020 allein gut 30 Millionen Tonnen Mais und knapp 25 Millionen Tonnen Weizen geerntet. Zusammen produzieren die Ukraine und Russland einer Studie zufolge 12 Prozent der weltweit gehandelten Kalorien.
Ein Großteil davon droht nun wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine auszufallen. Denn viel ukrainisches Getreide wird über die Schwarzmeerhäfen verschifft. Weizen ging von dort im vergangenen Jahr etwa nach Ägypten, Tunesien und Marokko, nach Äthiopien, in den Jemen und den Libanon, nach Indonesien, Pakistan und Bangladesch. Diese Häfen, allen voran Odessa, werden jetzt von den russischen Streitkräften blockiert.
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